Ein wenig Leben handelt von der Freundschaft zwischen vier Männern. Während wir als Leser:innen die Protagonisten beim älter werden begleiten, lernen wir sie und ihr Umfeld immer besser kennen und lieben. Im Roman geht es aber nicht nur um Freundschaft, sondern auch um Liebe, Familie, Verlust, Eifersucht, Identität, Selbsthass, Misshandlung, Sex und Drogen. (Achtung: Triggerwarnung)
Ein wenig Leben hat in mir verschiedenste Emotionen ausgelöst: Freude und Mitgefühl, aber auch Trauer, Frust, Ekel und Hass. Die Geschichte der vier Männer, aber vor allem Judes, hat mich vom Anfang bis zum Ende gefesselt uns nicht mehr losgelassen. Während dem Lesen habe ich mir ständig die Frage gestellt: Warum? Warum passieren solche schrecklichen Dinge? Warum hat es niemand gemerkt? Warum hat niemand etwas dagegen getan? Warum gibt es solche grausamen Menschen?
Ich habe so viele Figuren im Buch ins Herz geschlossen: Jude, Willem, Harold, Andy und viele weitere. Das Buch ist gespickt von unglaublich schönen Textstellen, wobei der ganze Roman in einer Weise geschrieben ist, dass man alles, was passiert, im ganzen Körper fühlt. Genau aus diesem Grund ist Ein wenig Leben mein neues Lieblingsbuch.
Zum Schluss möchte ich ein Zitat teilen, das meiner Meinung nach das ganze Buch sehr gut zusammenfasst:
Es schien in seinem Leben eine feste Grösse zu geben: dass es mit ihm jedes Jahr weiter bergab ging - dass er immer widerlicher wurde, immer verkommener. Mit jedem Jahr schwand sein Anrecht darauf, sich menschlich nennen zu dürfen; mit jedem Jahr war er weniger Mensch. Doch es kümmerte ihn nicht länger; er konnte nicht zulassen, dass es ihn kümmerte." (S. 719)