In San-Er, der Zwillingsstädte und Heimat des Königs, stehen wie jedes Jahr die tödlichen Spiele vor der Tür, bei der sich 88 Teilnehmer verzweifelt eine Chance auf ein besseres Leben erhoffen.
Es ist eine üble Drecksstadt, mit Menschen und Abfall gleichermassen überfüllt. Als Leser wird man schonungslos mitten hineingesetzt und fühlt sich besonders am Anfang etwas verloren. In dieser Welt zurecht zu kommen ist nicht ganz leicht, da alles in San-Er bedingungslos reizüberflutend wirkt.
Sehr schnell verschaffen uns die Figuren aber einen groben Überblick. Die Erzählperspektive wird schnell und oft gewechselt. Dies verdeutlicht einerseits das Chaos, welches in der Stadt herrscht, sehr gut, andererseits bietet es dem Leser die Möglichkeit, diesen Schauplatz aus den verschiedensten Winkeln kennenzulernen, sodass man durch die Welt von Immortal Longings doch einigermassen schnell navigieren kann.
Da sich die Figur, die man als Leser begleitet, aber immer wieder verändert, fällt es schwer, die Charaktere richtig kennenzulernen. Sobald man von einem der Protagonisten eine persönliche Information erhalten hat, macht die Geschichte sogleich einen Sprung und zerrt einem in das Erleben einer anderen Figur. Ich mag verschiedene Perspektiven von unterschiedlichen Erzählern eigentlich sehr gerne, doch es ging alles immer zu schnell. Man hatte keine Zeit, um richtig in Tiefe zu gehen und abzutauchen.
Die ganze Eile, die die Figuren irgendwie durch das Buch hetzt, hatte zur Folge, dass keiner der Charaktere für mich wirklich greifbar wurde. Ich konnte sie nicht verstehen, ihre Emotionen nachempfinden oder ihre Handlungen nachvollziehen. So fühlte ich mich beim Lesen immer ein bisschen wie eine Aussenstehende, obwohl ich mich gerne so fühlen würde, als wäre ich mit dabei.
Die gesamte Idee, welche die Autorin entwickelt hat, gefiel mir trotzdem eigentlich sehr gut. Sie verspricht Spannung, Action, Geheimnisse und Abenteuer. Da aber nicht nur die Figuren, sondern auch die Handlungen und Geschehnisse irgendwie undurchsichtig und doch oberflächlich blieben, konnte das Potenzial der Story nicht vollends ausgeschöpft werden.
Es bleibt abzuwarten, ob es der Autorin gelingen wird, mit dem nächsten Band auch etwas an Tiefe zu schaffen.