Schnell zu lesender Roman über den Umgang mit Unsicherheiten und (möglichem) Verlust, der in Bern spielt.
Bekannte Umgebungen in Romanen gespiegelt zu sehen, finde ich immer reizvoll. Portillo scheint ihre realen Schauplätze mit fiktiven Details leicht zu verfremden, was uns dazu einlädt, ihnen selbst einen Besuch abzustatten.
Mich hat die Geschichte ihrer Altenpflegerin Anna leider nicht wirklich emotional gepackt – trotz Ich-Perspektive und dramatischem, potentiell emotionalem Inhalt. Es fiel mir schwer, mich in die Figur und die Geschichte fallenzulassen. Einerseits lag es für mich an der Sprache und an den, meiner Meinung nach, teils redundanten Beschreibungen (wenn jemand erstaunt/überrascht reagiert, gehe ich davon aus, dass die Person mit etwas nicht gerechnet hatte, das brauche ich im nächsten Satz nicht noch lesen). Die eingeschlichenen Anglizismen in ihren Dialogen könnten der Tatsache geschuldet sein, dass Anna mit einer anderen Figur eigentlich Englisch spricht – wir aber diesen Dialog auf Deutsch zu lesen bekommen. Trotzdem irritierte mich bspw. die «verlorene Orientation».
Für Distanz sorgte auch der grosse zeitliche Rahmen. Die Geschichte beginnt Ende Oktober und endet im darauffolgenden Frühling. Wir nehmen Anteil an Annas Leben, ihrer Arbeit im Seniorenheim, wir treffen ihre Familie und Freunde und doch blieb für mich auch zwischen Anna und ihrer Umwelt eine Trennung spürbar.
Ich bin gespannt, was meine Lesegruppe am Montag zu dem Buch sagen wird.