Ich habe nun den zweiten Teil gelesen. Für diesen Teil habe ich beinahe 2 Wochen gebraucht. Deswegen werde ich sicherlich bald meinen Vorsprung verloren haben… 😅
Der zweite Teil hat mich wirklich sehr berührt. Endlich habe ich Jude von sich aus kennen gelernt. Und auch das Kapitel, in welchem Harold über Jude spricht, war sehr berührend. Von dem, was Jude widerfahren ist, ist vieles nur angedeutet worden. Der Junge hat mir aber sehr leid getan und ich brauchte ab und zu eine Lesepause. Auch die Geschichte mit den Adoptiveltern hat mich traurig gemacht, weil ich mir gut vorstellen kann, dass die Heimleiter geschaut haben, dass Jude im Heim bleiben muss. Schliesslich haben sie mit ihm ebenfalls völlig schlimme Dinge gemacht… Ich denke, dass wir hier im Laufe des Buches noch mehr erfahren.
Was mich in diesem Teil sehr getriggert hatte, war die Frage, weshalb Jude Jude heisst. Anfangs dachte ich, dass die Klosterbrüder wirklich einen sehr schlechten Humor haben, weil sie ihren Schützling ,,Jude (i.S. von jüdisch)'' taufen. Schliesslich geht aus der Historie genug oft hervor, wie Christen gegen Juden hetzten und Gewalt ausübten (Bsp.: Kreuzzüge, Holocaust). Was mich irritiert hatte, war, dass die Gewalt gegen Jude erst später einsetzte, als dieser etwas älter war. So habe ich das zumindest verstanden. Ich habe das so verstanden, dass dies erst begonnen hat, als er das Feuerzeug des Bruders gestohlen hat (was eine ganz furchtbare Story war).
Dass sich der Name ,,Jude’' von Judas Thaddäus ableitet, habe ich interessant gefunden. Dass Jude ausgerechnet nach dem Schutzpatron der Hilflosen benannt ist, ist geradezu sarkastisch. Denn er wird als Neugeborener ausgesetzt, dann im Kloster über Jahre missbraucht und schliesslich landet er in einem Heim, in welchem er ebenfalls über Jahre missbraucht wird. Er kann sich selber nicht helfen, hat niemanden, der ihm hilft und er vertraut auch keinem, was absolut verständlich ist nach der Geschichte mit Bruder Luke. Es wundert mich wirklich, dass Jude sich nun Willem und auch Harold sowie Andy annähert und sich auch ein winziges Stück weit öffnet. Es ist aber völlig verständlich, dass Jude panische Angst hat, dass seine engsten Vertrauten ihn im Stich lassen. Schliesslich ist genau das mit Luke passiert.
Die Zwangsneurosen von Jude sind nachvollziehbar. Wenn man so schlimmes erlebt, wie er, ist das, denke ich, völlig normal. Ich wünsche mir aber soso fest, dass er sich Hilfe holt und irgendwie mit dem Erlebten ein Stück weit abschliessen kann.
Übrigens: Die Sprache finde ich sehr gut. Das Buch macht wirklich Lust. Man kann richtig eintauchen und mitfühlen / miterleben. Ich hatte das Gefühl, ich sei Teil der Gruppe.
Nun bin ich gespannt, was uns im 3. Teil erwartet.