Der Titel lässt einen vermuten, dass man es mit einem Lebensratgeber zu tun hat. Dem ist absolut nicht so, auch wenn man sicher nicht umhin kommt, sich selbst Fragen zu stellen und über sein eigenes Wesen und Leben nachzudenken. Nein, es ist ein absolut lesenswerter Roman.
Inhalt siehe Beschreibung/Klappentext
In dieser Geschichte ist Gegensätzliches immer wieder präsent. Arbeit/Arbeitslosigkeit, sich um die Existenz sorgen/sich treiben lassen, Fürsorge ausüben/Fürsorge erleben, Gemeinschaft/nebeneinander leben. Julias Auseinandersetzung mit sich selbst, ihren Fragen, mit ihrer Familie, mit Oskar und den Dorfbewohnern, mit ihrem Leben, ist im Buch sehr subtil gearbeitet. Es springt einen nicht einfach an und ist für mich um so wertvoller. Es passt zu ihrem Wesen und zum Schreibstil von Birgit Birnbacher, den ich exzellent finde. Es ist auch interessant, der Geschichte zu folgen, immer wieder überraschend. Der Schluss ist für mich vollkommen unerwartet und lässt ganz Vieles offen.
Den Schreibstil mag ich ausgesprochen gern. Ich finde ihn sehr präzise und ausdrucksstark, ins Schwarze treffend und direkt.
- So wollte ich das ja. Ich wollte nicht, dass er (der Vater) mich zu Hause abholt, weil ich fürchtete, zu weinen. Wahrscheinlich werde ich so bald nicht zurückkommen. Schon durch das Autofenster sehe ich, dass er alt und fahl aussieht, zusammengefallen.
- Ich atme auf. Berufsverbot! Ein Berufsverbot wäre furchtbar gewesen, auch wenn ich nie mehr in diesen Beruf zurück möchte. Ein Berufsverbot, das ist etwas zum Schämen, auch, wenn nie jemand davon erfährt.
- Alles hätte schön sein könne. Bis er mit diesem Freijahr kam. Der Städter (Oskar) ist einer der Menschen, die gewinnen, bevor sie überhaupt spielen. Ich könnte mir auch ein Beispiel nehmen, die Füsse in die Hand, mit was abschauen.
- Und dann doch wieder die Möglichkeit des Bleibens. Immer wieder, bei jedem dritten Atemzug, zumindest die Möglichkeit in Betracht ziehen: den Vater zu ertragen. Die Pflicht zu erfüllen oder die Frage, ob es sie gibt, als müssig beiseitestellen.
