Belana_st
Lesewoche 4 (mit dem letzten langen Text von mir 😁):
Die Konfrontation, auf die ich so lange gewartet habe, war einerseits befriedigend, weil Bel endlich den Mut aufbrachte, Rachel mit all ihren Gedanken und Emotionen zu konfrontieren. Allerdings war ich enttäuscht, da Rachel immer wieder ablenkte und nicht die volle Wahrheit preisgab. Rückblickend hätte es für mich mehr Sinn gemacht, wenn sie in diesem Moment alles zugegeben hätte. Typisch für diese dysfunktionale Familie war auch die Szene mit der Geburtstagsfeier wieder ein einziges Durcheinander. Rachel schenkte Carter erneut ihre volle Aufmerksamkeit, während Sherry und Jeff erneut bewiesen, dass sie nicht die hellsten sind. Das mit dem Buch (dem Geschenk) wirkte, besonders im Hinblick auf das Ende, eher wie ein unnötiger Versuch von Rachel, dem Grossvater einen Seitenhieb zu verpassen – allerdings leidet dieser an Demenz, was die Wirkung deutlich abschwächte (meiner Meinung nach).
Es war jedoch schön zu sehen, dass Bel endlich realisierte, dass ihr Vater eine Seite an sich hatte, die sie vorher nicht wahrhaben wollte. Für mich als Leserin war es schon länger klar, dass Charlie versucht hat, seine Tochter zu manipulieren. Dass er dies schon früher bei seiner Frau tat, zeigte, dass er ein dominanter Mann war, der jedoch subtil agierte. Solche Menschen wie Charlie sind ein Paradebeispiel für toxische Familienmitglieder. Trotz all dieser Erkenntnisse war es frustrierend zu sehen, wie Bel Carter erneut beiseiteschob. Sie sollte endlich erkennen, dass Carter immer für sie da ist, während sie selbst oft nicht einmal bemerkt, was um sie herum geschieht.
Das Ende überraschte mich teilweise – anfangs dachte ich, der Vater sei der Übeltäter. Doch es stellte sich heraus, dass der Grossvater auf Anweisung seines Sohnes handelte und Rachel ‘verschwinden’ liess (allerdings auf eine andere Weise, als Charlie es beabsichtigt hatte). Diese Familie würde alles tun, um ihr perfektes Bild zu bewahren und dem Vater zu folgen. Dass Rachel versuchte, über die Bücher Hilfe zu holen, war clever, führte jedoch zu nichts. Wenigstens hatte Bel endlich Beweise, dass sie falsch lag (mehrheitlich mit ihren Vermutungen).
Dass Rachel den Vater gefangen hielt, wie sie selbst all die Jahre gefangen war, empfand ich als eine gerechte Strafe. Allerdings hätte ich es vorgezogen, wenn Rachel die Wahrheit an einem früheren Zeitpunkt und nicht am Ort des Geschehens enthüllt hätte, da ich solche Szenen schon zu oft gelesen habe. Ich fand es schade, dass die Autorin Bel und Rachel nicht einfach weggeschickt hat, nachdem alles ans Licht kam. Stattdessen liess sie den Onkel noch erscheinen und beide (der Vater und Onkel) sterben, was zwar eine gerechte Strafe war, aber unnötig wirkte. Dass Carter Rachels Tochter ist, war keine Überraschung – das habe ich schon früh vermutet. Auch dass die Tante und der Onkel wahrscheinlich doch mehr wussten, als sie zugeben wollten, war klar.
Am Ende konnten Rachel, Bel und Carter endlich das Leben führen, das sie verdient hatten, was ein befriedigendes Ende darstellte – auch wenn es in der Realität wohl nicht so einfach wäre. Die Familie des Vaters war letztlich für alles verantwortlich, was Rachel widerfuhr, und auch Bel und Carter waren Opfer.
Ramseys Reaktion fand ich angenehm. Er schien die Wahrheit über Rachels Verschwinden bereits vor dem grossen Showdown zu erahnen. Sein objektiver Blick von aussen half ihm, die Situation besser zu verstehen, während Bel von ihrer emotionalen Verbindung zu ihrem Vater beeinflusst war. Dass er Bel mit ihrer Aktion deckte, zeigte, dass er doch nicht der ausbeuterische Filmemacher war, der er zu Beginn schien. Am Ende war ich froh, dass die Storyline mit Ash nicht weiterging, auch wenn die letzten Abschnitte noch einige unnötige Gefühle beinhalteten. Der romantische Handlungsstrang zwischen Ash und Bel war für mich überflüssig.
Hier wären noch meine Antworten zu den letzten Fragen:
a) Es fällt mir schwer, jemanden zu finden, der Charlies Handeln wirklich nachvollziehen könnte oder sollte. Was der Vater vom Grossvater verlangte und in die Wege geleitet hat, macht ihn zu einem absoluten Monster. Schon vor 16 Jahren war er der Aggressor. Dass Rachel mit ihrer Tochter aus diesem Leben fliehen wollte, ist für mich völlig verständlich. Und das Rachel das Gleiche dem Vater antat (und er am Ende starb), fand ich auch als gerechte Strafe für Charlie (und Jeff).
b) Ein Wort kommt mir sofort in den Sinn: Opportunisten. Sie haben miterlebt, wie Charlie seine Familie behandelt hat, und sie haben bis in die Gegenwart geschwiegen und alles schön geredet. Sherry hat mit Carter fast dasselbe getan. Sie haben es vorgezogen, Stillschweigen zu bewahren, und als sich die Gelegenheit ergab, eine Tochter zu bekommen, wollten sie diese Chance natürlich nicht verstreichen lassen.
c) Man sollte besonders in der eigenen Familie genauer hinschauen und den Mut haben, den Mund aufzumachen, wenn man Missstände sieht. Selbst wenn die Familie die Übeltäter sind, muss man einschreiten, um andere nicht zu gefährden. Bezüglich des Buches selbst: Es war insgesamt eine gute Geschichte, aber ich denke nicht, dass es sich lohnt, sie erneut zu lesen. Vielleicht sind die “Good Guide Girls to Murder”-Bücher besser, aber den Hype in den sozialen Medien um diese Geschichte kann ich nicht ganz nachvollziehen.