Ich bin Atheistin, wuchs allerdings als Katholikin auf und schaue sehr kritisch auf die katholische Kirche. Vielleicht mag es daher überraschen, dass ich richtig gespannt darauf war, über die Benediktinerinnen aus Fulda und ihren Garten zu lesen. Das liegt aber daran, dass ich Gemeinschaften, in denen Frauen miteinander leben und sich gegenseitig unterstützen, sehr spannend finde. Zudem waren Klöster historisch lange der einzige Ort, an denen es Frauen möglich war, etwas wie Karriere zu machen (auch wenn das natürlich eine moderne Strebsamkeit ist), sich zu bilden und selbst tätig zu werden. Und so war ich gespannt, was Mely Kiyak über das Leben der Fuldaer Nonnen berichtet.
Überrascht war ich darüber, welches Ansehen diese für den Bereich des biologischen Gartenbaus genießen und über die internationale Vernetzung. Letzteres darf vielleicht nicht überraschen, denn auch Ordensleute kommen in der Welt herum, zumal die Orden ja in der Regel international tätig sind. Kiyak steigt, auch wenn der Klappentext von der fast 400 jährigen Geschichte des Klosters spricht, zur Nazizeit in ihre Geschichte der Fuldaer Nonnen ein.
So erfährt man, wie es der damaligen Äbtissin gelang, die Bewohnerinnen des Klosters vor einem Rauswurf durch die Nazis zu bewahren und sie durch die mageren Kriegsjahre zu bringen. Der Schwerpunkt der historischen Beschreibungen liegt letztlich aber auf der Zeit nach 1945 und dem Wiederaufbau Westdeutschlands, der sich im Kleinen, im Aufschwung des Klosters, widerspiegelt.
Für mich war es sehr spannend zu lesen, welchen Problemen sich die Nonnen in der Vergangenheit stellen mussten und wie sie diese überwanden. Aber auch die Einblicke in das Leben der Frauen hinter Klostermauern und ihr Umgang mit der Öffentlichkeit sowie Fachpersonen las ich sehr gerne. Kiyak zeigt damit, wie offen die Nonnen für andere Menschen sind, ganz unabhängig von Religion und Lebensumständen. Auch der achtsame Umgang mit der Natur sprach mich an.
Ich denke, dass Dieser Garten ein Buch ist, das Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen ansprechen kann. Vielleicht seid ihr mit einem grünen Daumen gesegnet und sucht im naturnahen Gärtnern der Nonnen Inspiration. Vielleicht lest ihr, so wie ich, gerne über Frauen, die sich gegenseitig unterstützen. Vielleicht überlegt ihr, selbst Nonne zu werden. Vielleicht möchtet ihr nur einmal Einblick in eine Lebensrealität bekommen, die sich die meisten von uns wohl nur schwerlich vorstellen können. Alle diese Gründe sprechen meines Erachtens dafür, Dieser Garten in die Hand zu nehmen.
Der Vertrag mikrotext schreibt, dass dieses Buch von „unwahrscheinlich mutigen und feministischen Frauen“ erzählt. Das kann ich genauso unterschreiben und wer ebenso gern wie ich über mutige und feministische Frauen liest, kann mit diesem Buch glücklich werden.