Luzia Tschirky war als Russlandkorrespondentin für das Schweizer Fernsehen in Russland und anschliessend während dem Krieg in der Ukraine, auch am 24. Februar 2022, dem Tag, an welchem Russland Kiew angriff.
Sie schreibt von der Zeit ab 2019 in Russland und in der Ukraine, wie sie reiste, mit Menschen sprach, was sie erlebte und was sie in Erfahrung bringen konnte. Sie erzählt von den Repressionen, welchen die Menschen unterworfen sind, von der Maschinerie, welche das Leben bestimmt. Die Berichte aus dem Krieg sind erschütternd. Lesend wird einem mehr vermittelt, ausführlicher und präziser. Die “Bilder” sind lebhafter auf diese Weise, als die Berichterstattungen, die ich im TV gesehen habe. Der Mut dieser jungen Frau ist bemerkenswert. Sie wagt es, hinzuschauen, Unrecht zu benennen und geht dabei ein hohes Risiko ein. Dass ihr die Menschen wichtig sind und sie sich für diese einsetzt, kommt klar zum Vorschein. Dabei stellt sie ihre Taten nicht in den Vordergrund.
Auch wenn man die Lage und die politische Situation aktiv mitverfolgt und sich informiert, gibt einem dieses Buch noch einmal vertieft Aufschluss über das Ungeheuerliche, das da geschieht.
Die Sprache ist lebendig, authentisch, nicht ausschweifend und prägnant. Unschwer kann man die vom Fernsehen bekannte Korrespondentin darin erkennen. Eine bemerkenswerte Frau und ein beachtenswertes Buch.
Ich lerne Wiktoria in St. Petersburg kennen. Fast drei Monate zuvor, am 9. März, lag Wiktoria hochschwanger in der Geburtsklinik Nr. 3 in Mariupol, als das Flugzeug über der Klinik die Bombe abwarf. …… Wiktoria liegt mit anderen Hochschwangeren auf derselben Station. Fensterglas, Deckenplatten, alles bricht auf ihr Bett herunter. Sie schreit um Hilfe, spürt das Blut aus den Wunden pochen. Sie wird in ein anderes Krankenhaus verlegt mit Verletzungen an den Händen, den Beinen - und vor allem am Bauch. Die Ärzte versuchen im Keller der letzten noch funktionierenden Geburtsklinik in Mariupol, das Kind am 9. März per Kaiserschnitt zu retten. Vergeblich.
Wiktorias Mann, Wladimir Schichkin, weiss nichts davon ….
Unterwegs zur Geburtsklinik gerät Wladimir unter Beschuss. Er wird am linken Bein schwer verwundet. … Die Ärzte in Mariupol können das Bein von Wladimir nicht retten.