Der Debütroman von Beatrice Salvioni spielt in Monza, im faschistischen Italien, in den Jahren 1935/36. Mussolini ist fest an der Macht, die Rollen in Politik, Gesellschaft und Familie klar verteilt.
In diesem Italien, wo Kirche und tiefverwurzelter Aberglaube die gesellschaftlichen und sozialen Rollen noch zusätzlich zementieren, freunden sich zwei sehr unterschiedliche Mädchen ganz langsam an. Maddalena die ‘wilde’, genannt La Malnata, weil ihr die Leute im Ort aufgrund verschiedener Vorkommnisse nachsagen, Unheil über die Menschen zu bringen und die deshalb gemieden, aber auch gefürchtet wird. Und Francesca, die ‘brave’ Tochter aus gutem Hause. Streng behütet aber kaum beachtet, fühlt sie sich zunehmend eingeengt in diesem Rahmen und sucht deshalb die Nähe des, wie ihr scheint, so frei lebenden Mädchens.
Der Roman beschreibt nun das Wachsen dieser Freundschaft zwischen Maddalena und Francesca und die Suche nach dem eigenen Platz in der von Regeln, Normen und propagandistischem Pathos beherrschten Zeit. Dabei zeichnet Beatrice Salvioni ein sehr lebendiges und kraftvolles Bild der damaligen Gesellschaft, mit starken Figuren und starken Szenen, die alle möglichen verschiedenen Verhalten wiederspiegeln und zeigen, wie schwierig es war, vor allem als Mädchen und junge Frau, zur eigenen Meinung zu finden und auch dazu zu stehen.
Ich fand die Geschichte der beiden Mädchen spannend beschrieben und die zusätzlich angesprochenen Themen wie Diktatur, Krieg, Identität, Rollenbilder interessant ausgearbeitet. Dass die Figuren dabei stark, im Sinne von reinen Symbolfiguren jedoch ein wenig überzeichnet und die Szenen manchmal konstruiert und übertrieben sind, hat mich zwar etwas gestört, aber es ist als Stilmittel doch sehr wirkungsvoll. Auch wie Maddalena in verschiedenen Situationen betont “Worte sind keine Kleinigkeit. Man darf sie nicht einfach gedankenlos dahin sagen. Dann werden sie gefährlich.” wirkt zwar aufgesetzt, aber es ist in Zeiten von Propaganda und leeren Parolen eine sehr wichtige Botschaft und auch heute noch absolut zutreffend.
