Gewohnt schrullig-schräge Figuren und eine rasante, scheinbar nonchalante Erzählweise können in Amélie Nothombs «Buch der Schwestern» jedoch nicht völlig über die bedrückende Stimmung hinwegtäuschen.
Nothomb schreibt als allwissende Erzählerin von Tristane und Laetitia, zwei Schwestern, die nur in der Liebe zueinander Halt finden, weil ihre Eltern ausschliesslich einander sehen. Tristane versteht schon mit zwei Wochen, dass sie ruhig zu sein hat, kann mit knapp drei Jahren lesen, bringt sich kurz darauf selbst das Schreiben bei und kümmert sich mit fünf Jahren selbstständig um ihre kleine, soeben geborene Schwester. Die wiederum wächst mit bedingungsloser Liebe auf und entfaltet sich entsprechend gegensätzlich zu Tristane.
Die Autorin arbeitet mit Übertreibungen und überzeichnet ihre Figuren. Was die Vernachlässigung vor allem mit Tristane macht und wie ihre Kindheit ihr Leben prägt bis sie Mitte 30 ist, war für mich trotz der vermeintlichen Leichtigkeit nicht leicht zu ertragen. Der Silberstreif für der blitzgescheiten Tristane, deren Wissen rhetorischer Stilmittel stellenweise eingestreut wird und das meine bei weitem übersteigt, sind Laetitia und zeitweise ihre Rolle als Bassistin in der von Laetitia mit elf Jahren gegründeten Rockband «Les Pneus».
Für mich ist «Das Buch der Schwestern» irgendwie schwierig zu greifen und wiederzugeben. Möglicherweise hätte ich es langsamer lesen und auf mich wirken lassen müssen. Mein Lieblingsbuch von Amélie Nothomb wird es jedoch leider nicht mehr werden.
Übersetzt von Brigitte Grosse.