Parag Khanna, ein Politikwissenschaftler mit viel und breiter Erfahrung erläutert in diesem Sachbuch Voraussagen für die Zukunft der Menschheit und des Planeten Erde, indem er die Politik, die Geschichte, die Wirtschaft und die sich verändernden Lebendbedingungen analysiert und Zusammenhänge herstellt.
Umschlagtext Rückseite: “Die weltweiten Migrationen, die uns bevorstehen, werden viel mehr sein, als nur Wanderungsbewegungen von einer Region in eine andere; sie werden uns dazu zwingen, von einem Zivilisationsmodell zum nächsten überzugehen.”
Es geht sehr oft um die Arbeitssituationen, Menschen, die dorthin ziehen, wo sie einen guten, d.h. gut bezahlten Job kriegen und gut leben können. Erschwingliches Wohnen, Leben und Unterhaltungsmöglichkeiten. Technologien, die bereits heute in Entwicklung sind, die sich durchsetzen werden. Zukünftige Mobilität. Nutzung der Sonnenenergie, Datenfluss, Identität, Beeinflussung von Regen, Migration aufgrund des Klimawandels - Dürre, Überflutungen und wie die Überlebenschancen der Menschen erhöht werden können.
Khanna vermag sehr spannend zu beschreiben, mit Fakten, Zahlen und aussagekräftigen Karten und Grafiken zu erläutern.
Das Buch ist anspruchsvoll zu lesen. Manches scheint mir einleuchtend, Vieles ist faszinierend rein von der Technologie her und auch den sich möglicherweise verändernden Grenzen in den Arbeitsmöglichkeiten und im internationalen Austausch. Ich bin zufrieden, dass ich es lesen konnte, viel gelernt habe und mir auch viele Gedanken machen konnte und kann. Einiges habe ich nicht begriffen. Nach wie vor rätselhaft ist, wie es zu schaffen sein kann, die ungeheuren und zunehmend in grösserem Mass benötigte Energie zu beschaffen. Nur schon die erwähnte, hoch gepriesene Blockchain-Technologie verschlingt Unmengen an Energie. Das, was wir als Menschen einfach so gedankenlos verbrauchen ebenfalls - unnötige Anrufe über Messenger-Apps, gar unnötige Videoanrufe nur als alltägliches, kleines Beispiel.
Faszinierend, gut strukturiert, mit inhaltlich passend abgegrenzten Kapiteln geschrieben. Ich konnte jeden Tag einen ansehnlichen Teil lesen und verarbeiten. Wirklich ermutigt hat mich das Buch nicht. So habe ich mich gefragt, wo die sozial eher schwächer gestellten Menschen bleiben in all dem Wandern, stelle ich mir doch vor, dass das Sich-Behaupten-Können nicht an Wichtigkeit verlieren wird - im Gegenteil. Ausserdem wird noch mehr nach dem Nutzen der Ressourcen gefragt werden - ist das Leben so wirklich lebenswert, wenn es nur darum geht, der Menschheit ein möglichst langes und angenehmes Überleben zu sichern?
Das ist allerdings keine Kritik am Buch - ich finde es sehr gut und werde es wohl in absehbarer Zeit erneut lesen. An einigen Stellen hat mich die Qualität der Übersetzung gestört. Die wiederkehrenden Grammatikfehler in diesem ansonsten ausgezeichnet geschriebenen Werk sind bedauerlich.
Wenn Syrer und Türken, Inder und Pakistaner, Chinesen und Vietnamesen nach Europa kommen, lassen sie keineswegs die in den Heimatländern existierenden Rivalitäten hinter sich. Vielmehr werden solche Spannungen zu inländischen Konflikten. ……. Wer hat die Schuld an Zuständen, die manchmal wirken wie ein Kampf der Kulturen, der auf den Strassen europäischer Städte ausgetragen wird? Der Fehler liegt sowohl bei nicht assimilierten Eltern als auch bei einem nativistischen Chauvinismus, der Menschen aus früheren Kolonien - oder, um es direkt zu sagen: von sonst woher - nicht als gleichwertig akzeptiert. Ein Lösungsansatz, um die Millionen von Migranten besser zu integrieren, liegt etwa darin, dass Polizeibehörden mehr Männer und Frauen mit Migrationshintergrund einstellen, die die kulturellen Nuancen derjenigen, die sie voreinander schützen sollen, besser verstehen.
Südamerika hat die grössten Süsswasserreserven der Welt, doch in São Paolo, der grössten Stadt des Kontinents, bedeutet das nicht viel - dort kommt kein Wasser mehr aus der Leitung. Damit das Wasser des Amazonas und seiner Nebenflüsse die ganz überwiegend an der Atlantikküste lebende Bevölkerung erreichen kann, müssen sie frei fliessen können - und das verhindert der verheerende Zyklus von Abholzung und Dürre. Brasilien pendelt weiter zwischen linkem Sozialismus und rechtem Populismus…
Wird es jemals wieder eine stabile Harmonie unserer politischen, wirtschaftlichen, ökologischen und humanen Geographien geben? Nur mit sehr viel Geschick könnte es uns gelingen, diesen Faden ins Nadelöhr zu bekommen.