Das Buch “Die rätselhaften Honjin-Morde” von Seishi Yokomizo wird als “Japan’s Antwort auf Agatha Christie” beworben. Das ist eine hohe Messlatte - aber ich denke sie wird clever erreicht!
Ich habe dieses Buch erst kürzlich gekauft und hatte nicht viel Zeit im Laden mich zu entscheiden. Ich wollte ein “neues” Buch kaufen und als ich das Datum der Erstauflage sah - 2024 - war ich zufrieden etwas ganz “Frisches” zu haben. Erst später bemerkte ich, dass dies nur das Datum der deutschen Übersetzung in Taschenbuchformat war, das Buch wurde bereits 1973 geschrieben. Na gut, dachte ich und las trotzdem einmal los, ich war früher ein Riesenfan von Agatha Christie oder Edgar Wallace Romanen.
Der Roman hat mich sehr schnell gepackt und ich habe die knapp 200 Seiten regelmässig verschlungen.
Die Geschichte ist von einem Erzähler aus der Ich-Perspektive geschrieben. Dieser Erzähler wird im Höhepunkt der Bombenangriffe auf Japan im 2. Weltkrieg evakuiert und erfährt dort von den “Honji-Morden”. Der Erzähler ist ebenfalls ein Kriminalroman Autor - ob es sich dabei um Seishi Yokomizo selber handelt ist nicht ganz klar. Nach meinen Nachforschungen über den Autor eher nicht.
So wird die spannende Geschichte um einen Doppelmord erzählt und wie der clevere Privatdetektiv Kosuke Kindaichi, der von Yokomizo erfunden wurde und in zahlreichen Romanen von ihm in Erscheinung tritt, diesen grausamen Doppelmord in “Sherlock-Holmes” Manier brilliant aufklärt.
Beim Mord handelt es sich um ein sogenanntes “Mord im verschlossenen Raum” Rätsel und der Erzähler bringt uns dieses Spezialfach innerhalb der Kriminalautoren-Welt zuerst Nahe. Er gibt Beispiele von berühmten Kriminalautoren, welche sich diesem Genre speziell gewidmet haben (zB Agatha Christie, John Dickson Carr oder Gaston Leroux). In all diesen Fällen geschieht ein Mord innerhalb eines (von innen) abgeschlossenen Raumes und es ist nicht unmittelbar erklärbar, wie der oder die Täter nach der Tat entwischen konnten.
Abgesehen von der spannenden Geschichte, in der der junge Privatdetektiv das Rätsel durch seinen besonderen Sinn zum kombinieren von Zusammenhängen löst gibt es viele spannende Verzweigungen und immer neue Erkenntnisse. Mir gefielen auch die ausführlichen Beschreibungen des Erzählers.
Viele typische japanische Gegenstände, welche in der Geschichte vorkommen und für die Lösung des Rätsels eine wichtige Rolle spielen werden sehr gut erklärt und so taucht man wirklich ein ins örtliche Japan und fühlt sich bald schon wie in einem Film. Das Buch hat auch ein Glossar, in dem viele Gegenstände, wie zB das Musikinstrument “Koto” oder häusliche Einrichtungsgegenstände wie “Shoji” oder “Tatami” und auch Kleidungstücke (“Kamishimo”, “Tabi”) sehr gut erklärt werden.
Einige von Yokomizo’s Romanen wurden auch in Japan verfilmt. Ins Englische übersetzt sind aber nur 4 Romane und ins Deutsche im Moment sogar nur 2 (“Die rätselhaften Honji-Morde” und “Mord auf der Insel Gokumon”). Der Autor ist leider 1981 bereits verstorben - ich kann das Buch allen Fans von Sherlock Holmes oder Miss Marple wärmstens empfehlen!