Vorne weg: Ich hätte sicher ⅘ gegeben, wenn Klappentexte und Cover besser zum Inhalt passen würden.
Manis Erzählungen aus ihrem Leben sind sehr echt und ungefiltert, aber auch unaufgeregt und etwas flach. Es gibt keine grossen Höhen. Tiefen hat es in dem Sinne - einige von Manis Kindheisterinnerungen an Mobbing in der Schule, zerplatzte Tunerinnenträume, Armut und fehlende Freunde - da jedoch keine grosse Spannung aufkommt, bleibt es flach. Die ist aber wohl auch ein Stilmittel des Buches: Das mühsame, triste, schambehaftete und zeitweise unangenehme Leben in der armen Unterschicht von Seoul.
Das im Klappentext in den Fokus gestellte Thema der alleinstehenden, arbeitslosen Frau Mitte dreissig in Seoul wird für mich zu wenig reflektiert. Ja, es ist eine Erzählung über Mani, die als alleinstehende Frau mit 36 Jahren ihren Job verliert, für den sie überqualifiziert war und sich jahrelang still und ohne Aufsehen zu erregen abgearbeitet hat. Die mit ihren Eltern zusammenlebt, welche sie mit ebendiesem Job über Wasser hält. Die sich wenig Perspektiven zugesteht und von sich und vom Leben ent-täuscht ist.
Ob sich Manis Leben gross verändert? Wer weiss. Der im Klappentext gross angeteaserte Umzug passiert auf den letzten Seiten des Buches. Laut Mani verläuft ihr Leben in drei Akten, wobei der zweite mit ebendiesem Umzug begonnen hat. Untere Mittelschicht, Wohnung mit Blick auf den Mond. Nach 36 Jahren erstem Akt in der armen Unterschicht im Mondviertel. Nicht nach den Sternen zu greifen könnte das Fazit von Mani aus diesem ersten Akt ihres Lebens sein. Im zweiten Akt wohnt sie dem Mond ganz nah. Vielleicht folgt im dritten Akt doch der Griff nach den Sternen. Oder der Schritt ins Licht. Oder sie bleibt für immer im Schatten ihrer selbst.
Wer einfühlsame und echte Erzählungen aus dem alltäglichen Leben mag, die weder “verhollywoodisiert” sind noch zur grossen Katharsis führen, und gerne internationale Literatur liest, kann sich dieses Buch genauer anschauen. Wer ein gesellschaftskritisches Buch oder einen starken, feministischen Entwicklungsroman will, wird hier wohl enttäuscht werden. Oder vielleicht ent-täuscht, wie Mani.