Ruhiger, magischer Roman über die Bedeutung von Freundschaft und Zusammenhalt. Flüssig zu lesen, mit viel Atmosphäre geschrieben und mit einem feinen Spannungsaufbau gegen Ende.
Sofia wünscht sich seit ihrer Kindheit, fliegen zu können. Doch als sie sich das erste Mal aus ihrem Fenster schwingt und in die Nacht hinausfliegt, zerstören ihre Erfahrungen nicht nur den Traum vom Fliegen, sondern auch ihre Lebenspläne. In einer kalinformischen Klinik lernt erstmals Freunde kennen und fasst mit ihrer Hilfe wieder Zuversicht.
Eine allwissende Erzählerin bringt uns Sofia näher, die scheinbar bereits Gastauftritte in den anderen Werken Milena Mosers hatte. Die Geschichte beginnt mit ihrem ersten Flug. Die Handlung setzt ein Jahr später ein, als Sofia auf Wunsch ihrer Papas auf dem Weg in die Privatklinik ist, in der sie die nächsten drei Monate mit Körper-, Gesprächstherapie, Gartenarbeit und Meerbaden verbringen wird. Sie ist eine Einzelgängerin, seit sie in der Schule gemobbt wurde. Berührungen mag sie nicht sonderlich und romantische Gefühle hatte sie bisher für niemanden. Sie hatte ein Stipendium vom MIT und wollte dort ihren Traum vom Fliegen verwirklichen. Sofia hat nicht vor, sich näher auf die anderen Menschen in der Klinik einzulassen – und doch passiert genau das.
Mitzuverfolgen, wie dort Freundschaften entstehen zwischen diesen doch so verschiedenen Menschen und wie es dazu kommt, ist wunderschön. Milena Moser lässt sich für ihren Figurenaufbau Zeit und führt uns ebenso behutsam an diese heran wie ihre Protagonistin. Es ist eine entschleunigende Lektüre, wozu auch beiträgt, dass sie fast ausschliesslich auf dem Klinikgelände stattfindet. Einige ihrer Figuren stattet Moser, wie auch Sofia, mit magischen Eigenschaften aus, über deren tiefere Bedeutung im Anschluss noch nachgedacht werden kann. Gleiches gilt für die Hintergrundgeschichten der Figuren, die alle aus unterschiedlichen Gründen in der Klinik sind. In ihnen steckt eine sanfte Gesellschaftskritik verborgen, über die sich auf Wunsch diskutieren liesse.
Sprachlich ist dem Roman an einigen wenigen Stellen anzumerken, dass die Autorin seit geraumer Zeit in den USA lebt, wenn sich Anglizismen einschleichen wie «Du hast einen Punkt.»
«Der Traum vom Fliegen» ist das erste Buch, das ich von Milena Moser gelesen habe, aber es wird nicht das letzte bleiben. Nicht nur, weil ich mehr von Sofia lesen möchte, sondern auch, weil mir die Art zu erzählen so gut gefallen hat, der Schuss magischer Realismus und vor allem die Figuren, die mir so ans Herz gewachsen sind.