Mila möchte ihre Spuren im digitalen Äther löschen und wünscht sich einen kompletten Internet Detox, um endlich zur langersehnten Ruhe zu kommen. Der Weg dorthin entwickelt sich dann doch etwas anders als erwartet.
Mehr sei hier als Einstieg nicht gesagt, denn darum geht’s. Was sich dann über die Seiten hinweg entwickelt, ist literarisch schlichtweg genial - aber ich habe es gehasst!
Alles beginnt mit dem Wunsch nach Ruhe und innerem Frieden und ein paar Reizworten wie «Social Media Omnipräsenz» und «Informationsflut». Schon sehr bald zeigt sich aber, dass Jenifer Beckers Debüt weder eine Kritik an den sozialen Medien noch ein Aussteiger:innen-Roman ist. Stattdessen zeichnet die Autorin ein feinfühliges, hochauthentisches Portrait eines psychischen Zerfalls und stellt es in ein Bühnenbild des gesellschaftlichen Versagens.
Aus Erzählerperspektive erlebt die Leserschaft hautnah mit, wie ein Mensch in einen psychischen Abwärtsstrudel gerät und wie das Umfeld unfähig ist, darauf zu reagieren. Für mich war jede Seite dieses Buches eine Qual, weil mir das Wichtigste fehlte, was ich mir an einem Buch wünsche: Ein emotionales Leseerlebnis durch das Abtauchen in eine Geschichte. Stattdessen wurde mir mit jedem Satz die Realität um die Ohren gehauen und ich musste auf eindrücklich realistische Art und Weise miterleben, wie ein psychisch kranker Mensch auf den Abgrund zusteuert und wie sein Umfeld hilflos daneben steht – vielleicht auch stehen muss.
Ich ziehe meinen Hut vor diesem Werk. Für den Aufbau, die Sprache, die Erzählperspektiven und die Gesellschaftskritik dahinter. Und gleichzeitig bin ich froh, dass es vorbei ist. Zeiten der Langeweile ist schwere Kost, die den Finger gnadenlos in die offenen Wunden des gesellschaftlichen Versagens legt.