Richard Rohr’s Buch atmet Weite und öffnet gleichsam eine Tür - die Tür zum ‘Wahren Selbst’ - im Gegensatz zum ‘Falschen Selbst’, das wir uns zusammen zimmern aus den eigenen Erwartungen, Vorstellungen und Zielen oder jener, der Andern, die wir instinktiv aufsaugen.
Der Weg ins und mit dem Wahren Selbst ist ein Weg in die Auferstehung, was selbstredend immer auch mit ‘Sterben’ und ‘Tod’ zutun hat. Dass man sich um der Fülle wegen davor nicht fürchten braucht, macht Rohr in seinen Überlegungen klar.
Auch wenn er aus seinem christlichen Hinter- und Lebensgrund schöpft, führt er über die Grenzen von Glaube und Religion hinaus, ohne dabei ‘beliebig’ zu werden. Immer wieder zitiert er aus der Bibel - kurz und prägnant. Wer weiter ‘graben’ will, bekommt fortführende Stellen zur Hand - die aber nicht zwingend gelesen werden müssen. Ebenso zeigt er unverhohlen, wie aus der befreienden Botschaft oft genug Fesseln geknüpft wurden oder dass es der Institution mehr um ‘Kirchentum’ statt ‘Christentum’ ging (und geht!).
Er knüpft immer auch an andere (Glaubens)Überzeugungen an, versteht es, das, was unterschiedlich scheint, auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Dabei formuliert er mitunter voll Witz und Ironie, er kaschiert Fehler und Fehlgeleitetes nicht, nennt das Kind beim Namen - und führt so hin zum Eigentlichen und Wesentlichen. Es geht nicht um ‘Moral’, noch um ‘Leistung’, sondern vielmehr um ‘Beziehung’, um ‘Fülle’ oder in Rohr’s eigenem Wortlaut: Plötzlich waren die Heilige Schrift und Religion für mich keine Lehren oder Moralvorschriften mehr, sondern es ging um den Austausch von Liebe, einem echten gegenseitigen Austausch von Sein und Nähe.
Ein Buch, das mir enorm viel neue Einsichten schenkte, von manchen ‘Muss’ befreite, in eine Weite führte, die einen aufatmen - oder besser ‘auferstehen’ lässt! Manch bekannte Bibelstelle deutet er in neuem Licht.
Auch wenn es Rohr um das ‘Wahre’ Selbst geht, macht er dabei das ‘Falsche’ nicht einfach schlecht, auch es hat seinen Weg, seine Versuche und seine Zeit.
Im Anhang finden sich weiterführende Gedanken und Übungen, dazu ein Personen-, Sach und Bibelstellen-Register, so dass man es auch als ‘Nachschlagewerk’ gebrauchen kann.