(Sorry, falls doppelt gepostet, aber bei mir scheint die Plattform zu spinnen und mein erster Versuch, diesen Beitrag zu posten, hat offensichtlich nicht geklappt).
ACHTUNG, ich schreibe hier über Kapitel “Bagdads Pulverturm” (für den Fall, das einige noch nicht durch sind damit).
Mir haben diese Seiten bisher am besten gefallen. Aida und ihre Schwester waren für mich als Figuren lange nicht fassbar. Zu sehr konzentrierte sich das Werk bisher auf die Eltern, insbesondere den Vater. Endlich erfahren wir mehr über die Grausamkeiten in der Heimat, die keine ist. Und auf einmal wird der Wunsch, in der Schweiz zu leben, nachvollziehbarer. Wir erfahren mehr über die fremd gewordene Kultur (z.B. Thema Ehe /S. 131ff., männlicher Stolz /S. 141ff.) und können nachvollziehen, wenn es heisst “Ich hatte gedacht, die Beziehung zu den Eltern sei etwas Unzerstörbares. Wie ich meine Eltern im Irak erlebte, machte mir klar, dass die Liebe zu ihnen nicht genügte, um ihr Leben zu teilen”. Das ist ein mutiger Schritt, insbesondere in diesem jungen Alter (Aida ist ja noch minderjährig) und zeigt, wie gross der Leidensdruck sein muss. In diesem Kapitel werden die einzelnen Schritte bis zur Rückkehr in die Schweiz ersichtlich. Eine Flucht ist nichts Spontanes, Schnelles und Unüberlegtes, sondern gefährlich (dabei denke ich an die Szene mit der Brücke, die jederzeit gesprengt werden könnte, die drohende Folter, Entführung oder gar Tötung). Dass die beiden über die möglichen Reaktionen der Eltern (S. 167) spekulieren, aber ohne damit zu rechnen, vermisst zu werden, deutet auf eine schon lange kaputt gegangene Beziehung hin bzw. eine Beziehung, die nie wirklich tief sein konnte, weil die Kinder vermutlich keine wirklichen Wunschkinder waren, sondern ein Mittel, um fliehen zu können (S. 128). Das stimmt mich traurig. Endlich fange ich an, mit den Figuren mitzufühlen.