Wunderbar poetische Mischung aus dem Alltag einer Frau und ihrer Recherche zum Leben einer anderen Frau, die vor 200 Jahren lebte.
«Dies ist ein weiblicher Text» - so beginnt und endet Doireann Ní Ghríofa ihren autofiktional-essayistischen Roman. Allein dieser sich am Ende schliessende Kreis hat mir enorm gefallen. Von der ersten Seite an kreiert sie rein über die Sprache einen starken Sog, der mich sogleich gefesselt hat. Schon als Jugendliche macht sie Bekanntschaft mit dem Caoineadh, dem Klagelied Eibhlín Dubh Ní Chonaills, das diese 1773 anstimmt zum gewaltsamen Tod ihres geliebten Mannes, Art O’Leary. Als Mutter von drei Kindern entdeckt Doireann Ní Ghríofa es wieder. Das Gedicht, aber vor allem das Leben der Urheberin lassen sie nicht mehr los. Es macht sie fassungslos, dass kaum etwas zum Leben Eibhlín Dubhs bekannt ist und so beginnt sie zu recherchieren.
Die erste Hälfte erschien mir besonders stark, insbesondere sprachlich. Die Geschichte der Ich-Erzählerin kreist zwar um scheinbar Alltägliches, aber die Form und auch die allgemeinen Gedanken zu weiblichem Leben, Begehren und der schriftlichen Auslöschung von Frauen in Vergangenheit (und Gegenwart) und inwiefern sie doch sichtbar sind, oft zwischen den Zeilen, stecken voller Energie, Kraft und Zuversicht. Die zweite Hälfte konzentriert sich dann auf die Recherche zum Leben Eibhlín Dubhs und dabei ging, wie ich fand, das Poetische und mit ihm auch der Sog verloren. Den ausdauernden Anstrengungen der Erzählerin in die Vergangenheit zu folgen ist gleichwohl faszinierend. Einzelne Szenen lässt sie vor unserem geistigen Auge mit wenigen Worten auferstehen.
«Dies ist ein weiblicher Text» - und ihn zu lesen ist ungemein bereichernd.