Mich hat nicht nur das Cover, sondern auch der Klappentext sehr angesprochen. Vor allem die Thematik mit der Selbstfindung der eigenen Sexualität. LGBTQ lese ich mittlerweile auch sehr gerne, von daher war ich sehr gespannt auf die Geschichte und auch die Autorin kennenzulernen.
Lisa hat eine Ausbildung als Bankkauffrau angefangen, doch sie fühlt sich überhaupt nicht wohl damit. Nur wegen ihren Eltern wollte sie es durchziehen, aber eines Tages hatte sie die Nase gestrichen voll und konnte nicht mehr. Da ich selber etwas ähnliches erlebt hatte, fühlte ich mit Lisa total mit und konnte sie sehr gut verstehen. Doch das war es noch nicht gewesen: sie bucht kurzerhand noch ein Ticket nach Köln, ohne jemandem Bescheid zu geben. Das ist schon eine sehr krasse Nummer so planlos einfach abzuhauen, was einerseits sehr mutig, aber andererseits auch dumm ist. Durch Couchsurfing landet sie schliesslich in Maja’s WG und lernt vor allem die tätowierte Karla kennen. Lisa ist sehr von ihr/ihm eingeschüchtert, aber gleichzeitig auch fasziniert von ihr/ihm. Da sie kein Geld hat bleibt sie ein paar Tage in der WG, bis sie weiss, was sie machen soll. Sie freundet sich recht schnell mit dieser neuen Clique an, was auch nicht selbstverständlich ist. Kann auch nach hinten losgehen. Hier fand ich es sehr schade, dass die Nebencharaktere sehr blass blieben. Wir erfuhren fast gar nichts über sie, was ich sehr schade finde. Diese WG ist einfach herzlich auf ihrer Art und Weise, ich hätte sehr gerne mehr von ihnen erfahren. Schön fand ich, wie Lisa langsam aber sicher über ihr Leben nachdenkt und ungefähr weiss, in welche Richtung sie gehen möchte. Da kam der Job bei Maja’s Schwester wie gelegen. Ich fand es richtig süss, wie sie langsam auftaut und sich vor allem auch mehr zutraut.
Lisa an sich empfand ich als sehr unreif und naiv. Was ich aber irgendwo nachvollziehen kann, da vor allem ihre Mutter für sie bestimmt hat, wie sie ihr Leben zu leben hat. Sie selbst hat eigentlich keine Ahnung wer sie ist und was sie eigentlich möchte. Diesen Teil konnte ich sehr gut nachempfinden, da es mir ähnlich erging. Es ist fast schon ein Kulturschock, wenn man die Seile endlich durchtrennen kann, die ein anderer für dich gezogen hat. Dennoch ist Lisa ein sehr anstrengender Charakter und brauchte ewig, bis sie sich ihren Gefühlen stellen konnte. Sie tat vor allem Karla sehr weh mit ihren unüberlegten Handlungen. Karla blieb auch relativ blass. Ausser, dass sie tätowiert und genderfluid ist, wissen wir eigentlich nicht wirklich etwas über sie. Auch sehr schade, weil sie ein sehr interessanter und toller Charakter ist. Und ehrlichgesagt konnte ich deren Liebesgeschichte überhaupt nicht nachempfinden. Ich spürte keinerlei Funken, auch keine Anziehung. Die LGBTQ-Themen sind sehr gut eingearbeitet. Für mich als nicht grosser Kenner sehr lehrreich, könnte aber auch nervig rüberkommen für jene, die sich bereits damit auskennen. Mich hat es überhaupt nicht gestört.
Der Schreibstil ist sehr flüssig und konnte sehr leicht und schnell das Buch lesen. Vieles war für mich aber unstimmig, oder unrealistisch. Ausser Lisa blieben alle Charaktere blass und die Liebesgeschichte konnte mich nicht packen. Die Entwicklung hingegen, wie Lisa sich langsam selbst kennenlernt und mehr über das Leben erfährt, fand ich sehr gelungen. Obwohl sie sehr nervig und anstrengend war. Auch wenn man denkt, dass man heutzutage früh selber entscheiden kann, was man im Leben möchte, gibt es doch immer Ausnahmen, wo die Kinder überhaupt keine Wahl haben und von den Eltern geformt werden und sich weigern ihren Horizont zu erweitern. Auch ich habe Eltern. die mich sehr lange geformt haben, bis ich nicht mehr konnte und nun keinen Kontakt mehr habe und mittlerweile selber entscheiden kann, was ich machen möchte. Das erfordert Mut, was Lisa am Schluss auch bewiesen hat und sich durchsetzen konnte. Solche Entscheidungen sind immer schwer und es braucht viel Energie diese Situation zu bewältigen.
An sich eine süsse Liebesgeschichte, die durchaus Potenzial hat, mich aber nicht packen konnte. Es ist super leicht zu lesen und es werden viele wichtige Themen behandelt. Die Umsetzung war für mich leider nicht ganz so gut gelungen. Dennoch finde ich, dass man das Buch lesen sollte. Vor allem, wenn man sich für LGBTQ interessiert.