Dieses Zitat aus dem Buch von der Protagonistin – den Namen erfahren wir als Leser nicht – beschreibt für mich das Buch «Tage mit dir» von Charlotte Wood sehr treffend.
Es ist ein Buch, in dem nicht viel passiert. In Rückblenden erfährt der Leser sehr viele Episoden und Anekdoten aus ihrer Jugendzeit, die Protagonistin ist zur Zeit der Erzählung allerdings in einem Kloster und plagt sich Tag ein, Tag aus mit denselben Dingen rum. Darum darf man hier keine Action erwarten. Für mich ging es in dem Buch eher um die (teils sehr) feinen Zwischentöne: zwischen den Nonnen im Kloster, zwischen der Protagonistin und ihrer Mutter, zwischen der Protagonistin und einer ehemaligen Mitschülerin. Dies alles beschreibt Charlotte Wood in einem sehr schönen Stil der für mich klar das Highlight des Buches ist: er ist klar und schnörkellos, aber dennoch schafft sie es, mit diesem Stil sehr viele Bilder in mir entstehen zu lassen und eine schöne Stimmung zu schaffen, obwohl die Themen, die anklingen gar nicht easy sind.
Vorherrschend für mich sind die Themen Vergebung, Reue und Tod. Hier vor allem der Tod ihrer Mutter, der sie bis zum Moment der Erzählung begleitet und nicht loslässt. Die letzten Tage ihrer Mutter beschreibt die Protagonistin sehr eindrücklich – für mich der stärkste Abschnitt des Buches, leider erst ziemlich am Schluss. Aber auch hier schafft es Charlotte Wood wieder, mit einer klaren und eindrücklichen Schreibweise genau die richtigen Gefühle (zumindest in mir) für diese Situation aufkommen zu lassen. Sehr intensiv, sehr aufrüttelnd.
Nun möchte ich noch zur grossen Enttäuschung für mich kommen: in keiner Beschreibung und auch nicht auf der Buch-Rückseite wird erwähnt, dass das Setting des Buches einen ganz klaren religiösen Hintergrund hat. Die Protagonistin geht ins Kloster, aber auch hier wird einem gesagt, dass sie eigentlich nichts mit Religion am Hut hat. Doch im Verlauf der Geschichte wird immer wie klarer, dass sie in einem sehr vom katholischen Glauben gepägten Umfeld aufgewachsen ist, in einer Kloster-Schule war und auch ihre Eltern viel aus missionarischen Beweggründen heraus gehandelt haben (dies wird allerdings nur angedeutet). Das wäre ja alles ok, nur haben dadurch für mich auch die Hauptthemen des Buches (Vergebung, Reue, Tod) eine sehr katholische Färbung bekommen und immer wenn es um diese Themen ging, hatte ich das Gefühl, dass der Umgang mit diesen Gefühlen sehr geprägt ist, vom katholischen Glauben.
Darum Fazit für mich: richtig toller Schreibstil und Charlotte Wood kann eine Geschichte schön gestalten, ohne dass viel passiert. Trotzdem würde ich das Buch nur denjenigen empfehlen, die ein Faible für den katholischen Glauben haben. Mich hat es irgendwann angefangen zu stören, dass die Religion einen so hohen Stellenwert in dem Buch einnimmt.