Inhalt
Drei Erzählstränge mit je drei Hauptprotagonisten und ihrem Umfeld prägen dieses Buch, den dritten Band im dystopischen Klimaquartett von Maja Lunde. Die Handlung spielt sich entsprechend in drei verschiedenen Zeiten ab, im 19. Jahrhundert mit Michail, assistierender Direktor des Zoos in Petersburg, der mit seiner Mutter zusammenlebt, als Hauptperson und in Russland resp. der Mongolei handelnd. In der Zeit vor der Jahrtausendwende mit Karin, Tierärztin aus Prag und Frankreich, die ganz am Anfang des Buches zusammen mit ihrem über dreissigjährigen Sohn Mathias in die Mongolei reist. Die dritte Zeitspanne spielt im Jahr 2062 mit Eva, die mit ihrer Tochter Isa (Teenager) in einem Dorf in Norwegen lebt.
Allen gemeinsam ist die grosse Leidenschaft für die Prewalski Pferde, auch Takhi genannt, und um deren Erhalt.
Während der Erzählstrang um Michail seinen Bericht über seine Reise in die Mongolei wiedergibt, wie er sich dazu entschieden hat, die Kämpfe, die er mit sich und mit seiner Mutter ausgestanden hat, sich auf dieses Abenteuer einzulassen und mit Wilhelm Wolff aufzubrechen um die Pferde zu suchen. Es war ein Schädel gefunden worden, der darauf schliessen liess, dass es in der Mongolei Wildpferde gibt. Der Erzählstrang um Karin und ihren Sohn berichtet von deren Bemühungen, die Wildpferde, von denen es nicht mehr viele gibt, zu erhalten, sie sich vermehren zu lassen, um sie wieder in die Wildnis aussiedeln zu können. In der dritten Zeit mit Eva und Isa schliesslich ist die Klimakatastrophe schon weit fortgeschritten. Es fehlt an Nahrung, die Wetterbedingungen sind mehr als ungünstig und die meisten Menschen sind schon längst “geflohen”. Eva will die beiden Wildpferde, die noch da sind und die die letzten ihrer Art sind, bewahren - um jeden Preis sozusagen.
Die Bemühungen um die Wildpferde, diese zu finden, eine gewisse Anzahl einzufangen und aus der Mongolei zu bringen (Michail), für deren Vermehrung zu sorgen, um sie wieder auszuwildern (Karin) und darum, in der grossen Not, die letzten beiden zu bewahren, ohne Rücksicht auf das Risiko für sich selbst und für die Tochter, ist allen drei Persönlichkeiten und Handlungssträngen gemein.
Mit zum Roman gehören die Beziehungen der Hauptprotagonisten, einerseits die Mutter-Kind-Beziehung oder im Fall von Michail Sohn-Mutter, die Schwierigkeiten in den Beziehungen, Konflikte und teilweise auch Lösung der Konflikte.
Im Fall von Eva will diese nicht weg, um sich und ihre Tochter Isa in Sicherheit zu bringen. Gibt den Wildpferden heimlich Futter, das besser den Tieren, welche Fleisch liefern können, zugute kommen könnte. Und da kommt eine Frau dazu, Louise. Ich möchte da nicht mehr verraten.
Im Fall von Karin ist diese ebenfalls fixiert auf die Pferde. Die Beziehung zu Mathias ist äusserst dürftig, obwohl dieser ganz offensichtlich eine Annäherung zu seiner Mutter sucht.
Im Fall von Michail ist seine Mutter etwas einengend und möchte, dass er eine junge Frau findet und heiratet.
Erzählweise und Schreibstil
Pro Kapitel befindet man sich immer in einer Zeit mit den jeweiligen Personen und sie entwickelt sich so weiter. Damit kann man gut zurechtkommen und ist nach einer Weile bestens drin. Es macht das Buch recht spannend. Das grosse Gewicht, das die Geschichten um die Beziehung eingenommen hat, die für mich eher überzeichneten Beziehungsschwierigkeiten, auch im Zusammenhang mit der Fixierung auf die Pferde, fand ich eher schwach. Die Sprache ist gut, angenehm und leicht zu lesen und präzise ausgedrückt.
Fazit
Ganz offensichtlich hat Maja Lunde einen grossen Effort in diesen Roman gesteckt und intensiv recherchiert. Am Ende des Buches belegen dies auch die Danksagungen etc.
The end of the ocean (Die Geschichte des Wassers) hat mir besser gefallen. Trotzdem lese ich möglicherweise noch den ersten und den vierten Band des Klimaquartetts, weil mich das grundlegende Thema interessiert.
1962 - Isa schreibt eine Kindheitserinnerung in einen Brief an ihren Schulfreund, der schon längst weggezogen ist: Genau in dem Moment kam meine Mutter. Sie entdeckte die Ameisen und fragte, wo ich sie herhätte. Und warum sie tot seien. Ich sagte, ich hätte sie getötet und jetzt wolle ich eine Beerdigungsfeier für sie abhalten. Das sei das Schlimmste, was sie je gehört habe, entgegnete sie. Und es schien, als meine sie es ernst, es war wirklich das Schlimmste, was sie je gehört hatte. Dabei waren es doch nur Ameisen. Sie nahm sie in die Hand und betrachtete sie voller Mitleid. Ameisen.
Louise sieht sie genau so an. Und schon seit sie da ist, habe ich Lust, Louise das so zu sagen. Du bist nur ein weiteres verletztes Tier. Empathie war für das Überleben unserer Art sicher eine vernünftige biologische Eigenschaft. Aber die Empathie meiner Mutter ist mutiert.
Teaser