Stundenbuch der Liebe lautet der Untertitel des Buches von Helga Schubert. Das fasst es treffend zusammen.
Unglaublich persönlich, berührend erzählt die Autorin von ihrer eigenen Erfahrung, wie es für sie ist, mit gut achtzig Jahren ihren um 10 Jahre älteren, demenzkranken Ehemann zu pflegen und mit ihm zusammenzuleben. Vom Alltag, den Nächten, wenn er erwacht und sich im Schlauch des Blasenkatheters verheddert, von dem vielen Liebevollen, das geschieht. In diesem Buch stecken so viel Zärtlichkeit und doch kommt viel Härte zum Ausdruck. Wie ist es, wenn einen der eigene Mann nicht mehr erkennt und nach seiner Frau fragt, sagt, dass sie ihr ähnlich sieht.
Niemand stirbt für sich allein.
Auch mit vielen interessanten Rückblenden in frühere Jahre, Erinnerung an die Zeit der alten DDR, vor dem Mauerfall - die Beziehung mit ihrem Mann hat vorher angefangen. Hin und wieder feiner Humor und auch lustige Episoden.
Ich mag Helga Schuberts Sprache sehr. Ausdrucksvoll, ohne viele grosse Worte, einen ansprechend in dieser so persönlichen ungeschminkten Erzählung.
Ein Buch, das ich sehr empfehlen möchte, es ist ein grosser Schatz.
Ich schlage die Bettdecken zurück, leere den Bettbeutel des Blasenkatheters, fühle, ob die Windel nass ist. Ich liebe ihn sehr.
Die Diktatur der Gartenzwerge hatte unsere Ehe also heil überstanden, und der Offizier dieser observierenden Abteilung XX gegen politischen Untergrund (oder so ähnlich) entschuldige sich später…
Aber ich will von meinem Mann erkannt werden, sage ich zu ihr (der Pflegeschwester).
Aber Derden (ihr Mann - sie nennt ihn Derden = der, den ich liebe) ist ein Teil von mir, das ist etwas anderes als damals am Ende der elften Klasse, als meine Welt weit war und das Leben noch vor mir.
Ich sehe ihn so betrübt. Du bist unglücklich, sagt er, vielleicht könnten wir morgen einmal auf die Strasse gehen. Wir waren schon seit Monaten nicht mehr auf der Strasse, sage ich, weil du dann so frierst…
Manchmal trauere ich nur um mich, diese Traurigkeit ist einsam und kalt. Sie ist voll Vorwurf und Enttäuschung und Bitterkeit.