Ich hatte mir etwas mehr Erkenntnisgewinn erhofft von Philippa Perrys Dauerrenner mit dem Rattenschwanztitel «Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen…».
Die Psychotherapeutin hat ihr Buch in Teilabschnitte unterteilt. Nacheinander betrachtet sie unser elterliches Erbe, die kindliche Umgebung, Gefühle, wie wir kommunizieren und unsere Einstellung während der Schwangerschaft/Geburt, in der Kleinkindphase bis hin zum Umgang mit jugendlichen Kindern.
Sie geht dabei nicht nur auf die Emotionen der Kinder ein, sondern vor allem darauf, was diese bei uns wachrufen und warum. Denn darin, sagt sie, liegt der Schlüssel für ein schönes Eltern-Kind-Verhältnis: dass wir mit unseren eigenen Emotionen und unserer Aufmerksamkeit ganz im Hier und Jetzt bei unseren Kindern sind und uns nicht unbewusst leiten lassen von unseren eigenen Kindheitserfahrungen. Sie zeigt, wie diese uns noch immer prägen und nachhaltig beeinflussen, und hilft uns dabei, an unsere Kinder nur weiterzugeben, was wir auch weitergeben wollen.
Sie erklärt, wie wichtig es ist, dass wir für unsere Kinder ihre Emotionen einordnen und anerkennen und wie dies auch den Alltag erleichtert. Sie erklärt uns, wie wir richtig streiten, eine schöne Umgebung für unser Kind erschaffen, was alles zur kindlichen Kommunikation dazugehört und wie wir bestmöglich damit umgehen. Das heisst aber nicht, dass wir keine Grenzen setzen dürfen und es ist auch kein Buch zur dauerhaften Selbstgeisselung. Denn natürlich ist Perry klar, dass wir alle nur Menschen sind und dass wir Fehler machen. Umso wichtiger findet sie, und das betont sie mehrfach, dass wir uns aufrichtig entschuldigen bei unseren Kindern. Und dafür sei es nie zu spät.
Grundsätzlich gibt das Buch wirklich viel her an Material, Übungen und praktischen Beispielen aus Perrys Tätigkeit als Psychotherapeutin. Es ist wohldurchdacht und fundiert geschrieben. Mir persönlich waren die Beispiele nur oftmals zu glatt und geschliffen. Sie wirkten etwas geschönt und liessen mich mit der Frage zurück, ob es wirklich so einfach ist? (Auf der anderen Seite: einfach ausprobieren ;-)) Auch Perrys Ton wirkte etwas unnahbar, aber womöglich entwickelt sich das so im Verlauf der Therapie-Tätigkeit. Manche Botschaften wiederholt sie zudem mehr als einmal, sodass der Eindruck entsteht, die Kapitel könnten unabhängig voneinander geschrieben worden sein.
Fazit: Ein Buch, das zur Selbstreflektion einlädt, dazu, uns selbst zu verzeihen, und dass uns zeigt, wie wir, auch später noch, gelungene Kind-Eltern-Beziehungen aufbauen können. Auch wenn ich mir mehr Erkenntnisgewinn erhofft hatte, nehme ich doch einiges mit und die Lektüre hat sich daher in jedem Fall gelohnt.
Übersetzt von Karin Schuler.