Ein Kriminalroman nach realen Begebenheiten, die sich in der Schweiz abspielten, mit fiktionalen Personen und Handlungen.
Der Einstieg hat mich gleich sehr beklommen gemacht. Ein schreckliches, gewalttätiges Ereignis, ein Junge, der Zeuge wird, die Einvernahme auf dem Polizeiposten gut. Wenn nur der einvernehmende Polizist danach nicht für lange Zeit krankheitshalber ausfallen würde.
Danach wird in der Rückblende aufgezeigt, welche Haltung die Bevölkerung in diesen Dörfern rund um Interlaken gegenüber Nicht-Schweizern einnimmt - ganz besonders Menschen aus dem Balkan gegenüber. Die Prägung von früher, Kultur und auch die religiöse Haltung sind erschreckend fremdenfeindlich, ja grösstenteils rassistisch - leider teilweise sogar extrem. Es bildet sich eine Gruppe von Skindheads, die mit der Zeit nicht nur ideologisch, verbal, sondern auch aktiv gewalttätig wird.
Wie die Menschen “rekrutiert” werden, überhaupt, wie sich die Ideologisierung und Radikalisierung bildet ist erschreckend. Die Verflechtung der Gruppe mit Befürwortern ganz besonders unter der Mehrzahl der Polizeiangestellten war nur schwer auszuhalten. Polizisten, welche die Täter schützen und die Aufklärung aktiv zu verhindern suchen - absolut unverständlich. Es hat mich geängstigt und traurig gemacht.
Die Plots und Erzählstränge sind gut gemacht. Die Geschichte war für mich vor allem in der zweiten Hälfte sehr spannend. Zu klischeehaft war mir die Darstellung und Charakterisierung der rechtsradikal gerichteten Menschen. Diese scheinen von simplem “Gemüt” zu sein, nicht sehr intelligent aber durchaus mit einer gewissen Schläue. Im Gegenzug sind die Personen, welche aus Sicht der rechtsradikalen Personen zu den “Linken” gehören, die Reflektierten, menschlich und sachlich überlegend. Das hat mich durchgehend etwas gestört, weil es meiner Meinung nach der Brisanz und Tragik des Themas und des Geschehens schadet.
Sehr gut fand ich, dass am Schluss das Verbrechen und die zusammenhängenden Vergehen, die wirklich geschahen, geschildert wird und zu diesem Zweck ein damals veröffentlichter längerer Zeitungsbericht abgedruckt wird.
Insgesamt ein lesenswertes Buch. Spannend und auch politisch wertvoll - eine Erinnerung, aufmerksam zu bleiben, und auch kritisch in Bezug auf Informationsquellen.
Dass sie das vor einer Strafverfolgung nicht schützen würde, dass kein Richter bei einem Verbrechen beide Augen zudrücken konnte, auch wenn das Opfer einmal keine weisse Hautfarbe oder ein “ic” als Namensendung hatte, war ihnen kaum noch bewusst. Sie glaubten sich sicher unter dem Schutz einer Polizei, die bei ihren Ermittlungen rechtsradikale Täter grosszügig “übersah” und sich zuweilen sogar das Recht herausnahm, heimlich Spuren zu verwischen.
Die Mutter hatte den Brief geöffnet, obwohl er an Hanna gerichtet war und das Mädchen längst volljährig war. Das Amtsdeutsch zu verstehen, machte ihr zwar einige Mühe, aber als sie glaubte …
Parteien haben Programme! Weder die Ritter Morgenstern noch der Ku-Klus-Klan sind Parteien. Beide Haben also auch keine Programme, sondern Grundsätze! Der Ku-Klux-Klan ist eine Speerspitze gegen den Sozialismus, gegen die Gutmenschen und Pazifisten.
Von wem Imobstgarten das Rizin bekommen hatte, war weiterhin unklar. Dass er, der sonst alles bereitwillig gestanden hatte, über diesen Punkt so eisernes Schweigen bewahrte, liess ahnen, dass die rechtsradikale Bedeutung so gerne heruntergespielt wurde, weit grösseres Gefahrenpotenzial besass, als allgemein angenommen wurde.
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Ergänzung:
Was einem auch deutlich wird, welche Einflüsse dazu führen können, dass sich Menschen so radikal von einer Ideologie einnehmen lassen weder Grenzen sehen, noch vernünftige, gesunde Entscheidungen treffen können. Es sind oft eigentlich schwache Personen, die ev. noch Demütigungen erleben oder etwas als Demütigung empfinden. Wenn Sie die Gelegenheit erhalten, sich einer Gruppierung anzuschliessen und dort Achtung erhalten oder sich verschaffen können - selbst wenn es durch ein nicht gutzuheissendes Verhalten ist - dies dann ausleben und sich immer mehr davon treiben lassen.