… machen «Einfach Yeshi» zu einem grossen (Vor-)Lesevergnügen für alle ab 9 Jahren.
Yeshi selbst ist ebenfalls neun Jahre alt, als ihre Eltern sich trennen und sie mit ihrer Mutter vom Land nach Zürich, in die Stadt zieht. Dort muss sie sich neu eingewöhnen und Freundschaften schliessen und das ist gar nicht so leicht. Als ihre Mutter ihr im Seebad einen Mann vorstellen will, geht Yeshi lieber mit einer anderen Mutter und deren Sohn zum Spielen heim – aber aus dem geplanten kurzen Ausflug wird eine Reise durch die halbe Stadt. Was ein Schlamassel. Um wieder nach Hause zu kommen, besteht Yeshi zahlreiche Abenteuer, lernt viele Leute kennen und findet neue Freunde.
Ich-Erzählerin Yeshi schildert ihre Abenteuer in klaren, einfachen Sätzen. Die Kapitel sind im Schnitt etwa acht Seiten lang, die Leseportionen somit überschaubar. Illustrationen gibt es im Buch keine. Die Handlung setzt im Sommer, zu Beginn des neuen Schuljahres ein. Das eigentliche Abenteuer findet Ende September, kurz vor den Herbstferien, statt und am Schluss springen wir noch zu Weihnachten. Yeshis Wortwahl ist kreativ (so entstehen Adjektive wie «steinfelsbetonhart») und ehrlich, wenn sie zum Beispiel Fremdwörter, mit denen sie Mühe hat, auch so aufschreibt, wie sie sie spricht («abotiert» und «atopiert» statt «adoptiert» beispielsweise). Diese Wörter werden je durch Kursivschreibung hervorgehoben. Mühe hat sie auch mit Zahlen und der Uhrzeit und auch mit diesen Schwächen geht sie offen um, was sie zu einer wunderbaren Identifikationsfigur macht.
Yeshi wurde in Äthiopien geboren und ist in der Schweiz bei ihrer Herzmama und ihrem Herzpapa aufgewachsen. Sie erlebt in ihrem ersten Abenteuer immer wieder Rassismus: durch Beleidigungen ihrer Mitschülerin Doro («Kackbohne»), durch die vielen Schubladen, in die Unbekannte sie dauernd stecken («Flüchtling»), deren Wortwahl («schwarz fahren») und ihren Unglauben, dass Yeshis eine weisse Mama hat.
Gabriela Kasperski versetzt sich überzeugend in die Situation eines neunjährigen Mädchens hinein, beispielsweise wenn Yeshi im überfüllten Bus steht und von einem Erwachsenen erst dessen Ellbogen ins Gesicht bekommt und er ihr anschliessend noch auf die Zehen tritt. Aber auch hinsichtlich Yeshis Gedankengänge: Denn als sie nach über neun Stunden, gegen Mitternacht, endlich wieder daheim ankommt und vor ihrem Haus einen Polizeiwagen stehen sieht, bekommt sie Angst und läuft lieber wieder weg. Ähnliches passiert, als Yeshi einen Tag später den Freund ihrer Mutter bei sich in der Wohnung sieht: Sie läuft weg aus Angst, er könne ihren Vater ersetzen sollen. Ansonsten ist Yeshi aber gar nicht ängstlich, sondern steckt voller Ideen und Tatendrang, ist zuversichtlich, hilfsbereit und zwar auf der Suche nach Freunden, aber auch mit sich selbst zufrieden. Gegen Rückschläge, Ungerechtigkeiten und Mobbing wehrt sie sich, verbal und, wenn’s sein muss, auch physisch. Sie ist laut und steht für sich (und später ihre Freunde) ein.
Neben den Themen Freundschaft, Neuanfang, Scheidung und Rassismus erhaschen wir auch einen Blick auf die Situation von Flüchtlingen. Das alles bereitet Kasperski kindgerecht auf, ohne zu belehren. (Und für die Erwachsenen schmuggelt sie noch Beanie Barras aus der Schnyder-und-Meier-Reihe in die Erzählung ;-)) Mir haben das erste Abenteuer von Yeshi, der zuversichtliche Grundton der Geschichte, ihre Perspektive auf unsere Gesellschaft enorm gut gefallen und ich denke, dass auch viele Kinder an «Yeshi» ihre Freude haben (werden).