Was für ein Roman! Was für eine Perspektive, was für eine Geschichte! Hallo, Emanzipation! Hallo, verkommene, alte, eingerostete, uns eingegrabene Strukturen, die uns immer noch prägen!
Diantha ist jung, verliebt und verlobt, nur leider kann die Hochzeit nicht ins Auge gefasst werden, da ihr Verlobter für seine Mutter und seine Schwestern sorgen muss. Sprich: er müsste ordentlich Karriere machen, um nicht nur seine alte, sondern dann auch noch seine neue Familie finanzieren zu können. Diantha will aber nicht warten. Klar ist: es mangelt an Geld. Warum sollte ihr Verlobter das alleine besorgen müssen? Sie macht sich selbständig – Achtung, wir befinden uns im Jahr 1910! – statt brav zu warten, bis ihr Zukünftiger sich einen zweiten Haushalt leisten kann, und zwar erst als Dienstmädchen, dann als Arbeitgeberin einer Heerschar von Dienstmädchen, die in verschiedenen Haushalten flexibel eingesetzt werden. Das ist ein Geschäftsmodell, und Diantha rockt das Bussiness. Und wie steht ihr Verlobter dazu? Und wie ihrer Familie?
Der Roman entwirft anhand der Protagonistin Diantha die Idee der Frauen-Befreiung durch die Auslagerung sämtlicher Hausarbeit an bezahlte Profis. Denn nur so hat die Frau – genau so wie der Mann freilich – die Möglichkeit, sich beruflich zu verwirklichen. Mich hat das Buch umgehauen – die Idee, die Scharfsicht, vor allem aber auch die Ernüchterung: Wir sind über 100 Jahre später noch immer lange nicht in der Gleichberechtigung angekommen. Warum nicht?
Absolut, uneingeschränkt lesenswert.