Mansfield Park fällt aus der Reihe von Austen-Roman insofern heraus, als dass die Heldin untypisch ist für das literarische Schaffen ihrerErfinderin. Wo die jungen Damen im Zentrum eines Austen-Romans meist recht begütert und von bemerkenswertem Selbstbewusstsein geprägt sind, ist die Heldin in diesem Familienroman, Fanny, fast unscheinbar und vor allem: gänzlich mittellos. Das ist neu für Austen, die sich bislang nicht um die Darstellung unterschiedlicher sozialer Milieus gekümmert hatte.
Unsere Heldin Fanny wird als Kind aus ihrer Familie herausgelöst und von reicheren Verwandten aufgenommen, um nach „Mansfield Park“ zu kommen, einem Herrenhaus. Hier setzt die Geschichte auch an, als Fanny zirka acht Jahre alt und von bitterstem Heimweh geplagt in Mansfield Park ankommt. Eine ganze Reihe von Familienmitgliedern lässt sie spüren, dass sie „nur“ die arme Verwandte ist, die sich glücklich schätzen kann, von Glanz und Reichtum ihrer entfernten Familie etwas abzubekommen. Fanny hat, aller Schüchternheit zum Trotz, einen extrem starken Charakter und viel Rückgrat, ein ausgeprägtes Gefühl für Moral. Das kommt nicht immer gut an, vor allem dann nicht, wenn sie einen begüterten Heiratskandidaten ablehnt. Natürlich kommt alles zum Guten, wie immer bei Austen, aber diesmal ist es wirklich sehr spannend. Zum Schluss „stolpert“ die Heldin fast hinein in ihr happy end, ich dachte jedenfalls noch 20 Seiten vor Schluss „wie kann Austen DAS jetzt noch hinbiegen?“ Nun, sie konnte.
Besonders Schmankerl in dem Roman: die Figur der Grosstante Norris. Ich habe Tränen gelacht, es ist unglaublich, wie geschliffen und böse Austen diese Figur umschreibt. Übrigens: in ihrer eigenen Familie wurde sie von den Neffen und Nichten immer wieder gebeten, noch mehr Geschichten über das Scheusal Norris zu erzählten. Die Figur hatte also auch in ihrem Privatleben Kultstatus – zu Recht.
Der Roman wurde mehrfach verfilmt, jede einzelne Verfilmung ist schauderhaft. Eine schüchterne, von Selbstzweifeln geplagte, oft still leidende Protagonistin ist für eine Verfilmung einfach ungeeignet, es sei denn, man macht etwas aus ihr, was sie im Buch nicht ist (jedes Mal bei einer Verfilmung so geschehen - von der kuhäugigen, beherzten und sehr sinnlich-vollbusigen Landromantikerin bis zur emanzipierten und sehr eingebildeten Tussi - grauenvoll!). Von daher: unbedingt Buch lesen!