Doireann Ní Ghríofa wird im Klappentext als Dichterin und Essayistin vorgestellt und so liest sich ihr Buch denn auch. Es ist eindringlich, wortgewaltig, manchmal beinahe mystisch und stellenweise auch verwirrend.
Es ist zum einen Teil die Geschichte der Autorin selbst, die sich intensiv wie ein Mantra um Mutterschaft und Stillen, um weibliche Hingabe bis zur Selbstaufgabe dreht und eben das Weibliche in jeder Einzelheit sucht und betont.
Zum anderen Teil ist es die Geschichte um ein traditionelles gälisches Klagelied und ihre Urheberin Eibhlín Dubh Ní Chonaill, die es in tiefem Schmerz nach der Ermordung ihres Gemahls verfasste.
Viel ist nicht bekannt über diese Dichterin aus dem 18. Jahrhundert, doch im modernen Irland wird das Klagelied noch gelesen und die Dichterin aus dem 21. Jahrhundert macht in ihrer Schulzeit zum ersten Mal Bekanntschaft damit. Später nimmt sie es immer wieder zur Hand, während des Stillens oder in kurzen Pausen zwischendurch. Bis sich daraus ein beinahe obsessive Beschäftigung entwickelt. Wieder eine Hingabe bis fast zur Selbstaufgabe und immer wieder die Bemerkung, dies ist ein weiblicher Text.
Dadurch jedoch, dass Doireann Ní Ghríofa, Eibhlíns Leben und Werk so intensiv und mit jeder Faser ihres Wesens nachspürt, bringt sie auch viele spannende Details aus der Geschichte Irlands zutage und erweckt Eibhlín und ihr Klagelied förmlich zu neuem Leben. Eine Art Biografie entsteht so vor uns. Das ist schön und faszinierend, doch die exzessive Betonung des Weiblichen bleibt immer irritierend.
Das Klagelied selbst gefiel mir aussergewöhnlich gut. Es ist zudem am Ende des Buches als Ganzes abgedruckt. Im gälischen Original, in der englischen Übersetzung und schliesslich in der deutschen Übertragung. Laut gelesen in Englisch ist es sehr rhythmisch, hat einen wundervollen Schwung und eine fast archaische Kraft. Da ich sonst nicht so auf Gedichte anspreche, hat mich diese starke Wirkung doch sehr positiv überrascht.
Ein sehr vielschichtiges Werk also, das mich auf jeden Fall nicht gleichgültig liess und mir ein wunderbares Gedicht, Irland und eine spezielle Frau und Dichterin aus dem 18. Jahrhundert näher brachte. Das betont weibliche und etwas aus der Zeit gefallene Lebenskonzept der Autorin hingegen und die gleichzeitige Klage über die Nichterwähnung, ja Auslöschung der Frauen in der Geschichte der Menschheit, fand ich irritierend und haben meiner Meinung nach dem Werk geschadet.
Die in den Angaben zum Buch angedeuteten Parallelen zwischen der Autorin und Eibhlín konnte ich zudem nicht erkennen. Für mich waren es zwei ziemlich unterschiedliche Frauen. Vielleicht wollte die Autorin einfach, dass eine Verbindung besteht oder sie wollte sie erschaffen. Was die beiden Frauen aber sicher verbindet, ist das Land und die Landschaft. Für mich ist es somit, am allermeisten, ein irischer Text und am Ende 3,5 Herzen!