Der Auftakt dieser Trilogie beginnt mit einem Prolog, in dem die emotional versehrte Heldin, Cecilia, nun 26-jährig, an den Ort zurückkehrt, an dem sie vor sieben Jahren gelebt und geliebt hat, um sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Vom ersten Kapitel an erleben wir dann diesen Sommer mit ihr, wie sie nach Triple Falls zog, um in der Fabrik ihres Vaters ein Jahr lang zu arbeiten, weil sie nur dann Zugang zu ihrem Erbe erhalten würde, um ihre Mutter finanziell abzusichern, und wie sie in Triple Falls Sean und Dominic kennenlernte und sich in beide verliebte.
Eigentlich geht es vor allem um diese Dreiecksbeziehung und um jede Menge Sex. Klar, dass Dominic und Sean an allen Stellen ganz besonders wohlproportioniert sind. Sean duftet zudem nach Zedernholz und Sonnenschein, Dominic sieht aus wie ein gefallener Engel. Die Sexszenen werden sehr detailliert beschrieben, sodass teilweise nicht ganz klar ist, wie das Ganze jetzt aussehen soll. Darüber hinaus gehören zur erweiterten männlichen Ausstattung dieses Buches die richtigen Autos und die Herren (beide Mitte 20) führen neben ihrer rechtschaffenen Arbeit noch undurchsichtige Geschäfte durch. Es gibt somit ein starkes «Fast and Furios»-Element im ersten Teil.
Ähnlich wie die Filmreihe ist auch «The Ravenhood – Flock» ansonsten äusserst oberflächlich. Die Figuren entwickeln sich nicht wirklich, die wenigen Nebenfiguren bleiben enorm blass, die Zusammenhänge erschliessen sich der naiven Cecilia erst spät und auch dann noch sehr vage. In der Handlung kommt es immer wieder zu abrupten Übergängen und auf einmal weiss Cecilia etwas, das sich dem Publikum nicht ganz erschliesst. Möglicherweise wurde da die Handlung gekürzt?! Um herauszufinden, was tatsächlich hinter den kriminellen Machenschaften von Sean & Co. steht, müssen wohl die Folgebände gelesen werden.
Also: Klischees en masse, reines Schwarz-Weiss-Denken, wenig anspruchsvoll, von daher schnell gelesen, sprachlich unauffällig und bei den Sexszenen recht derb, die Figuren allgemein eher blass, die Frauen zudem alle Opfer einer unguten Beziehung und die Handlung hangelt sich von Sexszene zu Sexszene und beginnt erst gegen Ende leicht Substanz zu entwickeln.
Und dann wäre da noch die erwähnte Dreiecksbeziehung, bei der mir regelmässig die Haare zu Berge standen. Denn Sean ist äusserst manipulativ, was von Cecilia, die ja eigentlich rückblickend, aber nicht reflektiert erzählt, überhaupt nicht hinterfragt wird. Für junge Leser*innen das völlig falsche Signal, meiner Meinung nach. Er verbietet ihr, ein Handy mitzunehmen, wenn sie zusammen sind, zerstört ihre Smartwatch (für beides hat er hinterher tatsächlich leicht paranoide Gründe, aber trotzdem), ebenso wie Dominic akzeptiert er kein Nein und während Sean von sich sagt, er respektiere keine Regeln, stellt er selbst doch erstaunlich viele auf. Cecilia muss immer warten, bis die Herren Zeit für sie haben und kann sich nicht zurückziehen, wenn sie mal Zeit für sich möchte. Behaupten darf sie sich immer nur dann, wenn es ihnen passt. Gleichzeitig trägt die Darstellung vom kurzes Schmollen und anschliessendem heissen Sex nicht dazu bei, dass Männer das Nein einer Frau nach dieser Lektüre akzeptieren. Warum gerade Autorinnen dieses Narrativ immer wieder aufgreifen, ist mir ein Rätsel. Sie tun sich und Frauen allgemein damit keinen Gefallen.
Das Buch könnte eine Lanze brechen für polyamouröse Beziehungen oder zumindest das übliche monogame Beziehungswunschdenken durchbrechen, doch Cecilia spricht in dieser Hinsicht von ihren «inneren Dämonen», sie verurteilt sich selbst, bezeichnet ihre Lust als «krank» und verlangt wiederum von Sean und Dominic absolute Treue.
Ursprünglich hatte ich gelesen, es sei ein New-Adult-Roman, der Verlag selbst bewirbt es als Dark Romance und im Laden traf es für die Rubrik Erotik ein. Aufgrund des toxischen Beziehungsgeflechts würde ich das Buch wenn überhaupt, dann in den Händen von Erwachsenen sehen wollen.
«The Ravenhood – Flock» endet mit einem Cliffhanger, aber ich werde mich nicht durch die Folgebände quälen.