Obwohl Kate Sinclair als Familientherapeutin gewohnt ist mit Krisen umzugehen, gerät sie nun in ihrer eigenen Familie an ihre Grenzen. Ihre 17 Jahre alte Tochter Sara macht, was sie will, schwänzt die Schule und rebelliert. Die jüngere Tochter, die 14-jährige Michelle, fühlt sich zurückgesetzt und ihr Mann Larry ist lieber auf dem Golfplatz als zu Hause.
Dazu macht sich Kate um ihre Mutter, die in einem Seniorenheim lebt und mehr und mehr die Mitpatienten terrorisiert, Sorgen. Und dann ist da auch noch ihre Schwester Jo Lynn, die sich in den 13fachen Mörder Colin Friedly verliebt hat und seine Gerichtsverhandlung hautnah mitverfolgt. Jo Lynn gerät immer mehr in den Kreis seiner Abhängigkeit und Kate versucht ihre Familie zu schützen.
Joy Fielding lässt ihre Thriller ja oft innerhalb einer Familie handeln. Auch “Am seidenen Faden” behandelt vorwiegend ein familiäres Gefüge. In diesem vorliegenden Thriller innerhalb der Familie Sinclair, was vor allem Kate einiges abverlangt. Man spürt gut, wie sie sehr oft am Ende ihres Lateins und ihrer Geduld ist. Die Autorin hat wieder toll und überzeugend charakterisierte Figuren erschaffen, auch wenn Jo Lynn mir etwas arg unbedarft und naiv erscheint. Tatsächlich hat mich diese Figur sehr oft so genervt, dass ich froh bin, nicht eine Schwester wie sie zu haben. Die Dialoge zwischen Jo Lynn und ihrer Schwester Kate haben mich jedoch oft schmunzeln lassen.
Meiner Meinung nach hätten vor allem die Gerichtsverhandlungen, die Jo Lynn wie hypnotisiert besucht, gestrafft werden dürfen. Da habe ich schon einige Längen gespürt. Kate, die als Hauptfigur oft im Mittelpunkt steht, sagt von sich, dass sie oft vom Hundertsten ins Tausendste kommt …. da muss ich ihr zustimmen!
Es fehlten mir ein paar “Gänsehaut-Momente”, die der Geschichte Pepp eingehaucht hätten. Das hat die Autorin zwar ansatzweise versucht, mit dem Verschwinden von Tochter Sara. Leider ist es ihr bei mir nicht so richtig gelungen, da es dafür dann doch zu wenig dramatisch vonstatten ging. Es ging sehr oft um die diversen Auseinandersetzungen, die Kate mit ihrem Mann, ihren Töchtern, ihrer Mutter und Schwester führt. Dazu kommt ein alter Jugendfreund, der auftaucht und versucht Kate einzuwickeln. Dass sie als Therapeutin die Masche nicht durchblickt, habe ich nicht so recht verstanden. Zudem macht Kate mit ihrem beruflichen Hintergrund in der eigenen Familie so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann. Gutgläubigkeit oder dem Plot geschuldet, der sich genau darum dreht? Es sind viele von Kates Problemen hausgemacht. Kate besucht mit ihrer Schwester Colin Friedly im Gefängnis, obwohl es ihr zutiefst widerstrebt. Auch da habe ich Kate nicht verstanden. Warum tut sie so was?
Joy Fielding hat sicher einen soliden Psychothriller geschaffen. Mir haben dabei aber Passagen, die Gänsehaut verursachen oder dramatisch sind, gefehlt.
Sehr authentisch und überzeugend empfand ich den gesundheitlichen Weg von Kates Mutter, die mehr und mehr abbaut und eine lebenseinschneidende Krankheit diagnostiziert bekommt.