Das College. In der Nacht kommt der Tod von Ruth Ware, 2022, dtv, 463 Seiten, ist ein Triller der von einer Jungen Frau Hanna handelt, die in Oxford studiert und deren Freundin und Zimmergenossin April brutal ermordet wird und die nach 10 Jahren feststellt, dass der falsche Täter eingesperrt wurde und die wir nun auf der Suche nach dem richtigen Täter begleiten.
Als die junge Hannah in das fiktive College Pellham in Oxford eintritt, erhält sie eine Studentenwohnung gemeinsam mit dem immens reichen IT Girl April. Rasch werden sie Freundinnen und scharen einen illustren Freundeskreis um sich. April traktiert diesen Freundeskreis mit ihren oft derben Scherzen und wird umgebracht. Wir treffen die schwangere Hannah 10 Jahre später verheiratet mit Will, dem ehemaligen Freund Aprils als Buchhändlerin, die erfährt, dass der vermeintliche Möder John Neville, der bis zum Schluss an seiner Unschuld festhielt, an einem Herzinfarkt im Gefängnis gestorben ist. In einem «Davor» und «Danach» hin und her, wird nun einerseits die Geschichte in Oxford, wie es zur vermeintlichen Ermordung Aprils und zur Liebe zwischen Will und Hannah kam und anderseits die Nachforschungen Hannahs in der Suche nach dem wahren Mörder aufgezeigt. Schritt für Schritt erleben wir im «Davor» das Studentenleben in Oxford, lernen den Freundeskreis und Neville, der scheinbar Hannah nachstellt kennen und bewegen uns auf den Mord zu und parallel dazu gelingt es Hannah im «Danach» sich dem wahren Mörder zu näher, verdächtigt nacheinander ihre Freunde und bringt sich dabei in eine lebensbedrohlich Situation.
Die Geschichte ist recht flüssig geschrieben, berichtet aber oft recht detailversessen und etwas langatmig. Die Spannung hält sich über weite Teile des Buches in Grenzen, mit der Aufteilung und Stückelung der Geschichte in «Davor» und «Danach» produziert sie eine Art Dauercliffhnanger, was man zunächst als originell, aber mit der Zeit als nervend empfindet. Zum Schluss wird mit bewährter Methode und darum auch zu durchschaubar, dann doch noch Spannung aufgebaut, aber dem Frauenbild, das dabei vermittelt wird, kann ich in der heutigen Zeit nicht zustimmen.
Die Geschichte wird aus der Perspektive Hannahs erzählt, ihr Charakter ist für mich zu einseitig dargestellt, sie befindet sich praktisch in einer Dauerkrise, ihre panikartige Reaktion auf die Ermordung Aprils wird praktisch zum Dauerzustand, das wirkt mit der Zeit überstrapaziert und nervt. Auf eine Krise hinarbeiten kann Spannung erzeugen, aber man darf es nicht übertreiben. Das Erlebnis ihrer Schwangerschaft (22. Woche) kann ich als Mann nicht nachvollziehen, aber scheint mir überzeichnet.
Die Nebenfiguren sind zu plakativ, eindimensional und als zum Schluss der Geschichte auch noch Aprils Schwester «November» auftaucht, mutiert es ins Kitschige.
Über weite Strecken ist diese Geschichte eher eine Teenieerzählung denn ein Triller, positiv aufgefallen sind mir die vielen Hinweise zur englischen Literatur, also belesen ist sie, unsere Hannah und mit ihr die Autorin.