Dass Frauen und Männer nicht denselben Körper haben, ist wohl allen schon lange bekannt. Dennoch wird dies in der heutigen Medizin bei Diagnosen, aber auch bei der Dosierung von Medikamenten überraschend oft aussen vorgelassen. Herzinfarkte beispielsweise werden bei Frauen durch «untypische» Symptome seltener diagnostiziert als bei Männern, bei der Osteoporose ist es andersherum. Die männerdominierte Forschung während Jahrhunderten und die Stigmatisierung vieler sogenannten «Frauenkrankheiten» gefährden jeden Tag Leben.
Genau davon handelt Sievers’ Buch über das relativ neue Gebiet der Gendermedizin; ein unglaublich spannendes Thema, über das ich nur allzu gern Neues erfahren wollte. Doch «So heilt man heute» hat mich leider nicht überzeugt. Die Idee, die Behandlung weit verbreiteter Krankheiten auf Ebene der Gendermedizin zu analysieren, fand ich grundsätzlich gut. Allerdings war der Aufbau nicht meins. Die Kapitel waren repetitiv und die Gliederung der Untertitel wirkten auf mich eher willkürlich. Ich konnte keinen roten Faden erkennen, weshalb mir das Lesen schwerfiel.
Aber auch die Art, wie die Themen behandelt wurden, hat mich nicht angesprochen. Ich will nicht, sagen, dass die Informationen im Buch irrelevant sind, für Einsteiger ist das eine oder andere Wichtige dabei. Jedoch hatte ich Mühe mit der Sprache im Buch. Der Ton lag irgendwo zwischen medizinisch-korrekt und versucht-humoristisch, womit ich nur wenig anfangen konnte. Was augenöffnend sein könnte, ist meiner Meinung nach häufiger ins Victim-blaming abgerutscht. Schlussendlich lautete das Fazit jedes Kapitels: Leben Sie gesund, meiden Sie Zucker (der macht krank und dick), Fett, Drogen und Alkohol und, sollten sie zu einer der Gruppen gehören, die durch unser Gesundheitssystem und Minderrepräsentation in Studien benachteiligt werden, beharren Sie darauf, dass Ihr Doktor Ihnen die richtige Dosis an Medikamenten verschreibt.
Obwohl ich dafür bin, Probleme stets auf individueller Ebene anzugehen, halte ich es nicht für realistisch, dies als langfristige Lösung für die genderbedingten Probleme in der Medizin anzunehmen. Wäre das Buch vor zehn Jahren erschienen, hätte man es womöglich als fortschrittlich bezeichnen können, so jedoch wirken bestimmte Gedankengänge auf mich bereits veraltet.
Zusammenfassend finde ich die Thematik unglaublich spannend, die Umsetzung hingegen halte ich für weniger gelungen. Mir fehlte ein roter Faden, wodurch die Schlussfolgerungen oft repetitiv wirkten. Der Schreibstil hat mich leider so gar nicht angesprochen.