Tankred Stöbes Buch geht unter die Haut - als Arzt im Einsatz für MSF berichtet er aus Kriegs-, Krisen- und Katastropheneinsätzen und -gebieten der letzten ~ 18 Jahre. Da erhält man Fakten und Einblicke, die aus Betroffenheit kommen. Schicksale, die in der Presse keine Erwähnung finden, erhalten einen Namen und eine Geschichte.
Da Stöbe punktuell im Einsatz ist und ansonsten in Berlin als Arzt wirkt, reflektiert er immer auch über die Unterschiede, die oft nicht eklatanter sein können - dass in Gebieten Menschen an ‘Nichtigkeiten’ sterben, weil die nötige Versorgung fehlt - und wir behandeln hochbetagte, multi-morbide Patienten intesivmedizinisch, um das Leben um ein paar Wochen zu verlängern… und das mit einem finanziellen Einsatz, der andernorts vielen Menschen Leben auf Jahre ermöglichen würde… Stöbe klagt nicht an, er stellt fest - und stimmt nachdenklich. Überhaupt ist er sehr reflektiert, gibt sich weder mit schnellen, noch scheinbar plausiblen Antworten zufrieden. Und lässt immer wieder auch Humor und Hoffnung aufblitzen - denn er beschreibt nicht nur die Gefahren, denen sie ausgesetzt sind oder ‘die schlimmen Fälle’, sondern ebenso gelungene Begegnungen und Hilfeleistungen. Dabei ist er sich bewusst, dass er bei aller Mitmenschlichkeit, die er an den Tag legt, letztendlich privilegiert ist. Wird die Situation ‘zu brenzlig’ (wie im Höhlenspital in Syrien), werden sie evakuiert - um zurück zu kehren, wenn ein medizinisches Arbeiten wieder möglich und sinnvoll ist - die Menschen vor Ort aber müssen bleiben.
Man erfährt viel über die grossen humanitären Katastrophen und die Arbeit von MSF - die vielmehr umfasst, als ich mir je vorgestellt habe.
Ein wirklich ausgezeichnetes Buch, das ich ALLEN ans Herz (oder aufs Lesetischchen!) legen möchte.