Von Lady Tremaine wusste ich überhaupt gar nichts. Ich hatte mich auch nie gefragt, ob sie von Natur aus böse ist, oder durch Ereignissen so geworden ist. Daher war ich sehr neugierig auf ihre Geschichte. Wir lernen sie als Witwe kennen, die sich jedoch freundlich und respektvoll jedem gegenüber verhält. Auch ihren Bediensteten. Sie lebt in London mit ihren Töchtern in einem wunderschönen Haus. Ihr Mann hat sie sehr geliebt und sie ihn ebenso, weswegen sie lange Jahre Trauerkleidung getragen hat. Als ihre Freundin sie auf ihr Anwesen einlädt, fällt ihr der gut aussehende Sir Richard auf. Ein wahrer Charmeur und Lady Tremaine verliebt sich sogleich in ihn. Sie entschied, dass es nun an der Zeit ist wieder zu heiraten. Doch sie hat ein wenig Skepsis wegen seiner Herkunft: er kommt aus den vielen Königreichen und man besagt, dass dort Magie besteht. Doch sie ignoriert alle Warnungen, selbst die ihrer Zofe. Nun, an ihrem Hochzeitstag merkt sie schnell, dass es vielleicht doch ein grosser Fehler war, alles hinter sich gelassen und diesen Mann geheiratet zu haben.
Ich mochte es sehr zu lesen, wie alles angefangen hat. Mich hat es tatsächlich überrascht, wie gutmütig und liebevoll sie eigentlich ist. Eine edle Dame, die alles tut, um ihren Töchtern eine gute Mutter zu sein. Sie hat jeden immerzu respektiert und geschätzt und war niemals grausam oder laut gegenüber jemand anderem. Mir kam es ein wenig komisch vor, dass Sir Richard sie so sehr bedrängt hatte, schnellstmöglich zu heiraten. Aber damals war es vermutlich so, daher dachte ich mir zuerst nichts dabei. Und dann fielen die Masken… Niemals hätte ich gedacht, dass es in dieser Richtung gehen würde. Diese Art von Misshandlung ist einfach nur schlimm. In so einem Haushalt zu leben will niemand. Vorher hatte ich immer Geschichten gelesen, wo eine Frau einen reichen Mann heiraten muss, um zu überleben. Hier war es genau anders herum. Ich verstand ihre Verzweiflung, Wut und Hass gegenüber ihrem zu Hause, ihrem Mann und Cinderella. Sie musste sich jahrelang eine Demütigung nach der anderen gefallen lassen, denn sie konnte nicht aus dem Königreich fliehen. Lady Tremaine’s Entwicklung gefiel mir sehr gut und auch die Gedankengänge ihrer Töchter. Hier hatten die verdrehten Schwestern ihre Finger im Spiel und es freute mich sehr, sie wieder zu sehen. Ja gut, ich mag sie eigentlich nicht, weil sie alles nur schlimmer machen. Aber irgendwie mag ich sie schon. Wollten sie Lady Tremaine wirklich nur helfen? Nanny und die blaue Fee waren in dieser Geschichte die guten Feen. Und endlich sah die blaue Fee ein, dass man tiefer graben muss, um die Wahrheit zu erkennen, anstatt sich nur von der Oberflächlichkeit blenden zu lassen. Das war auch für sie eine gute Lektion. Mit dem Ende bin ich mir ein wenig unsicher. Einerseits freute es mich, was die beiden Feen taten und warum. Andererseits war es irgendwie zu einfach. Gut hingegen fand ich, dass nicht Cinderella als die Böse dargestellt wurde.
Eine überraschende und zum Teil erschreckende Geschichte über Lady Tremaine. Auch hier wieder: man wird nicht böse geboren, man wird dazu gemacht. Auch sie musste daran glauben. Ich war richtig traurig über ihr Schicksal und schockiert, wie das alles passieren konnte. Misshandlungen verändert jeden Menschen. Lesenswert für alle Disney-Fans.