Die „Jahre mit Martha“ war so ganz anders, als ich sie mir vorgestellt habe. Es sind Jahre des Erwachsenwerdens mit Musikbegleitung.
Erkennbar steht „Jahre mit Martha“ in einer noch jungen Tradition von Romanen, die, endlich, die Lebenswirklichkeiten der BRD-Migrantenkinder in den Blick nehmen. Wie findet man seinen Platz in einer Gesellschaft, die Kindern mit „Sonderzeichen-Nachnamen“ höchstens eine Gärtnerausbildung zugesteht, wie der Mann vom Arbeitsamt, der Jimmys zehnte Gymnasialklasse besucht? Wie viel Anpassung ist nötig, um Erfolg zu haben – und wie groß ist die Gefahr des Verrats an der eigenen Herkunft? All diese Fragen verhandelt auch das Buch „Jahre mit Martha“, dessen gesellschaftspolitische Fragestellung der Autor gleich zu Beginn ausformuliert: „Meine Geschichte will ich erzählen, weil ich glaube, dass wir uns mehr Geschichten erzählen sollten über uns in diesem Land.“
Wunderschön verwoben in diese Geschichte ist der Alltagsrassismus, der Einwandererkinder überall trifft. Sei es in der Berufsberatung, sei es in der Schule, bei der Schulwahl, … Und auch das Aufwachsen in einfachen Verhältnissen, in einer Welt ohne Bücher, ohne Theater, ohne Kultur, ohne das Selbstbewusstsein, das Zugehörigkeit und / oder Geld verleihen, machen es schwer. In Kordic Roman wird das in ganz vielen alltäglichen Szenen bewusst gemacht.
„Jahre mit Martha“ ist ein wunderbar erzählter Roman voller Empathie und voller Gesellschaftskritik, der gleichzeitig sehr schön zu lesen ist und den man einfach lieben muss. Ich mochte ihn sehr.