Dorota Masłowska begleitet ihre ganz unterschiedlichen Figuren durch das Warschau vom Mai 1973: furios, böse, überraschend.
Ein frustrierter, sich als Schriftsteller versuchender Zugführer, eine aufopferungsvolle, religiöse Putzfrau, zwei seit Jahrzehnten zankende Schwestern, ein unbekannter Frauenwürger, Regina, die aus ihrer Mutter unerfindlichen Gründen das Studium geschmissen hat, seither antriebslos im Bett herumliegt und nicht mal Interesse am von der Mutter ausgesuchten potentiellen Ehemann hat, und dazwischen: Bowie, auf der Durchfahrt - ihrer aller Leben treffen zufällig aufeinander, es kommt zu Verwechslungen und Missverständnissen und kulminiert in einer Verfolgung.
Masłowska schreibt rasant, überwiegend in Dialogen, mit vielen Orts- und Perspektivwechseln und legt ihre Erzählung als Theaterstück an. Das liest sich zügig und abwechslungsreich. Ihre Sätze sind teils bitterböse, manche Szenen sind bewusst zweideutig und diese Überlagerung der im Kopf entstehenden Bilder ist enorm spannend. Es überlagern sich oft auch die Stimmen, die wir hören: Figuren reden gleichzeitig, im Hintergrund läuft Musik und das alles verwebt sich zu einer wahren Kakophonie.
Thematisch betrachtet sie die polnische Gesellschaft, (versuchte/gescheiterte) Emanzipation einer Tochter von ihrer Mutter, Sexualität, Familie, Träume und ihr Scheitern und vermutlich noch so einiges mehr, das ich überlesen habe. Nur, was sie mir damit sagen will, ist mir nicht ganz klar geworden.
Dafür habe ich mich beim Lesen bestens amüsiert und mir standen die jeweiligen Szenen bildlich vor Augen, so eindrücklich ist es geschrieben. Ich würde “Bowie in Warschau” unheimlich gern einmal als Theaterstück sehen und könnte mir vorstellen, dass Fans von Katerina Poladjans “Zukunftsmusik” hier ebenfalls ihre Freude dran haben werden.
Aus dem Polnischen von Olaf Kühl