Suzanne Collins hat mit dem Jugendbuchreisser “Die Tribute von Panem” Millionen Leserinnen und Leser erreicht. Die Reihe grassierte wie Fieber in der Klasse meines Juniors und da wollte man doch als Vater mitreden können. Ich gestehe, kein Lesestoff für Zartbesaitete. Wir rekapitulieren: In dieser Dystopie kämpfen als Erinnerung an den Bürgerkrieg pro Distrikt je ein Mädchen und ein Junge um ihr Leben. Nur ein Tribut kann überleben. Und die Veranstalter aus dem Kapitol setzen alle Hebel in Bewegung, um möglichst viele todbringende Herausforderungen zu installieren. Als eindeutiger Kontrast zur tapferen Katniss ist uns der dekadente schnöslige Präsident Corolanius Snow in Erinnerung geblieben. Hier, in diesem nachgelegten Band, begegnen wir ihm als ehrgeizigen Schüler, der dazu auserwählt wurde, ein Tribut als Coach zu betreuen. Er betreut die telegene Lucy Gray. Sie besticht durch Chuzpe, kommt aus einer Sängerfamilie, und singt sich in die Herzen der Zuschauer. Corolanius stammt aus einer traditionsreichen Familie, die aber wirtschaftlich aus dem letzten Loch pfeift. Es gilt, den Schein zu wahren. Denn dank den Tributen hofft Snow auf einen Preis, der ihm ermöglicht, zu studieren. Die Gebühren für ein reguläres Studium kann seine Familie nicht stemmen, also muss Snow glänzen mit seinem Beitrag zum morbiden Spektakel. Wir begleiten ihn, den wir in den ersten Bänden als despotisches und skrupelloses Ekel gehasst haben, als aufstrebenden Überlebenskämpfer, der alles zu verlieren hat, sogar Gefühle zulässt und mitunter sogar unser Mitgefühl erregen kann. Denn in diesem Kapitol ist er Spielball des intriganten Dekans, der skrupellosen Forscherin Dr. Gaul und dem treuherzigen Komilitonen Sejanus, der immer wieder Snows Pläne durchkreuzt. Collins gelingt in diesem Band besser denn je, ihre Protagonisten als Opfer eines Systems zu beschreiben, die keine andere Wahl haben, als durch mitleidloses Handeln und rücksichtslose Grausamkeit ihr Überleben zu sichern. Collins schreibt so schnörkellos, so wendungsreich und so packend, dass man mitunter das Buch dem Nachwuchs entreißen muss, um sicher zu stellen, dass die Schule nicht geschwänzt wird. Wenn das nicht für ein Buch spricht….