Poetisch und eindrücklich schildert Melissa Fu Flucht, Überleben und Trauma der chinesischen Bevölkerung während und noch Jahrzehnte nach des Zweiten Japanisch-Chinesischen Krieges.
Ihr eigener Vater hat ähnliche Erfahrungen gemacht wie ihre fiktive Figur, Dao Renshu, der im Alter von vier Jahren mit seiner Mutter, Meilin, vor den japanischen Truppen flieht. Erst auf dem chinesischen Festland bis nach Shanghai, dann nach Taiwan und für Renshu geht es schließlich, nach dem Krieg, in die USA. Doch die Angst vor der KP und den Nationalisten und ihrem jeweils langen Arm bis in chinesische Studentenvereinigungen und Gemeinschaften in den USA und selbst in den 80er-Jahren noch, sorgen dafür, dass Renshu seine chinesische Herkunft so gut es geht verschließt, um seine Mutter, die in Taiwan zurückbleiben musste, zu schützen. Das hat auch Auswirkungen auf Renshus Tochter, Lily, die sich jahrelang unvollständig fühlt und gerne mehr über ihr chinesisches Erbe erfahren würde.
Melissa Fu schildert als allwissende Erzählerin die Ereignisse zunächst aus Meilins, später Renshus und schließlich Lilys Sicht. Meilins Perspektive, ergänzt durch zahlreiche chinesische Sagen und Märchen, die sie Renshu während all der Jahre der Gefahr und Unsicherheit wieder und wieder erzählt, ist dabei die fesselndste, fand ich.
Ein kraftvolles Buch über fast 60 Jahre chinesische Zeitgeschichte, über Familie, Tradition und über die heilende Kraft von Erzählungen. Brillant übersetzt von Birgit Schmitz.