In Karlstad, in der Nähe von Stockholm, legt Frida Palmgreen ihre Tochter in ihren Kinderwagen vor dem Haus. Als sie kurze Zeit später nach Beatrice sieht, ist das 9 Monate alte Kind verschwunden. Die herbeigerufenen Ermittler drehen jeden Stein um, doch Beatrice bleibt wie vom Erdboden verschluckt.
Kriminalkommissarin Charlie Lager von der NOA weiss keinen Rat, denn je länger die Kleine verschwunden bleibt, desto mehr sinken die Chancen, sie lebend zu finden.
Die Entführung eines Babys ist wohl eine Tat, die niemanden kaltlässt. Doch bis es zu der Entführungsgeschichte kommt, lässt die Autorin die Handlung gemächlich angehen. Die ersten 50 Seiten handeln rund um das Leben der Ermittlerin Charlie Lager, die einige persönliche Probleme und Altlasten mit sich schleppt.
So dauerte es zum Beispiel bei mir eine Weile, bis ich begriffen hatte, dass sie bei der Polizei arbeitet und nicht die kriminelle Linie in diesem Krimi bedient. Dafür hat sie mich bei den Ermittlungen rund um die Entführung des Babys rundum überzeugt. Charlie Lager ermittelt mit viel Scharfsinn, Gespür und Verstand. Schicht für Schicht deckt sie Lügen und Heimlichkeiten auf und nimmt von den Eltern des Babys, bis zu Freunden, Verwandten und dem Personal der Palmgreens alle in die Mangel.
Parallel zu der Arbeit rund um die Ermittlungen werden immer wieder zwei komplett unterschiedliche Erzählstränge eingeflochten. Ein Strang handelt in einem Heim. Diesen fand ich sehr fesselnd, konnte ihn jedoch bis buchstäblich zum Schluss des Buches nicht mit der Hauptgeschichte in Verbindung setzen. Im dritten Erzählstrang erfährt man sehr kurze Sequenzen aus der Sicht des Täters, die mir die Haare haben zu Berge stehen lassen.
Obwohl ich die ersten beiden Fälle rund um diese brillante Kommissarin nicht kenne, hatte ich keinerlei Verständigungsprobleme. Im Gegenteil. Ich könnte mir vorstellen, dass, wenn in den ersten beiden Fällen Charlies Leben auch so problembeladen thematisiert wurde, dies dann etwas viel sein könnte. Alkoholexzesse, Psychopharmaka, die Pille danach, nachdem sie wieder einmal einen Mann aufgabelt und nach Hause nimmt und eine Kindheit, die man wohl nur als traurig und trostlos beschreiben kann. Lina Bengtsdotter lässt bei ihrer Protagonistin zwar nichts aus, trotzdem habe ich diese bedrückende Charakterisierung nicht als störend empfunden.
Die Autorin hat einen tollen Schreibstil. Mit wenigen und prägnanten Worten beschreibt sie Gefühle der Figuren, örtliche Details und Handlung flüssig. Einzig in der Wahl der Namen hätte sie etwas innovativer sein dürfen. Die Hauptkommissarin heisst Charlie, ihr Chef Challe und eine wichtige Nebenfigur Charlotte.