Addie und Louis machen etwas Unerhörtes: Sie schlafen zusammen im selben Bett. Unerhört ist das, weil beide um die siebzig sind, beide verwitwet, weil sie sich vorher noch gar nicht richtig kannten und weil sie in einer Kleinstadt in Colorado leben. Die Menschen dort reden schon bald über sie. Addie und Louis sind mutig, sie wagen es, die einsamen Nächte mit jemandem zu teilen, sie erzählen sich aus ihrem Leben und stellen sich den Vorurteilen der Kleinstadt entgegen. Das ist doch mal was! Es tut beiden gut - jedenfalls bis… ich werde nicht spoilern, aber das Ende war für mich kein Happy End.
Kent Haruf schreibt in seinem letzten Buch (2015 postum veröffentlicht, auf Deutsch 2017) wieder einmal über Holt, eine fiktive Kleinstadt in der Prärie Colorados. Haruf beschreibt das heisse, flache Holt County, die Sprache ist einfach, die Beobachtungen werden nüchtern nebeneinandergesetzt. Trotzdem sind es sehr liebevolle Beobachtungen und liebevolle Porträts der Weizenfarmer und älteren Frauen.
An einer Stelle macht Haruf übrigens einen Verweis auf seine eigenen Bücher: Addie und Louis unterhalten sich über Bücher, in denen es um Holt geht und ob das realistische Geschichten seien. “Ich weiss nicht, meinte Louis. Das ist einfach seine Phantasie. Er hat die äusseren Details von Holt übernommen, die Strassennamen, wie es auf dem Land aussieht und wo alles ist, aber es ist nicht diese Stadt. Und es geht auch nicht um irgendwen von hier. Das hat er alles erfunden.”
Eine solche Demut und ein winziges bisschen Selbstironie passt zu Haruf, glaube ich.