Lappert’s Erzählweise hat für mich eine suggestive Kraft, die einen enormen Sog ausübt, so dass ich das Buch nicht zur Seite legte, OBWOHL der Einstieg etwas schwierig war: man bekommt von Lappert quasi Puzzle-Teilchen in die Hand gedrückt - lose nur, mit der Zeit weiss man, welches Stück wohin gehört… und am Ende des Buches hat man das entscheidende doch an den falschen Platz gelegt……..
Zunächst eröffnet ein ‘Prolog’ das Buch - nicht mehr als eine Episode, von deren inhaltsschwerem Gewicht man in diesem Moment nichts ahnt: ein schreiendes Baby (Tobey), ein kleines Mädchen (Megan) mit der Laufleine am Verandageländer fest gemacht - Geschwister.
Darauf folgt der Erste Teil (Hitze): Tobey landet auf jener philipinischen Forschungsinsel, auf der er seine Schwester vermutet - sie haben sich nicht nur mit den Jahren auseinander gelebt und entfremdet, sondern je eigene, getrennte Wege gefunden - ohne jeglichen Kontakt.
Eindringlich wird Tobey’s Suche erzählt - die Insel, was er vorfindet an Personen, Natur und Tieren - und was er dabei erlebt - fast naiv ist er unterwegs - kein Wunder trifft ihn schon bald Ungemach der übelsten Sorte! - In der Schilderung selber wechselt Lappert immer wieder die Ebene. Manchmal stutzt man mitten im Lesen und weiss nicht, wie man das nun einordnen soll - merkt dann aber schnell, man ist auf der Ebene von erzähltem Empfinden, bzw. (Tag)Träumen - auch das ergibt eine ganz eigene Spannung. - Dieser Teil wird immer wieder unterbrochen von Nachrichten von Megan, die sie an Tobey geschrieben hat, in denen sie ihre Kindheit und Beziehung ebenso Revue passieren lässt, wie ihr Leben ‘nach dem Verschwinden’.
Der 2. Teil (Songs) blendet in die Lebensgeschichte von Tobey - er erzählt sein Aufwach(s)en, seine Bindung an Megan, wie er sie erlebte, wie er sich immer mehr distanzierte - sowohl von ihr, als auch dem Vater und dem Hof. Hier wird einem auch das erste Puzzle-Teil in seiner Bedeutung klar.
Der 3. Teil dann (Regen) schildert Megan’s Ankunft auf der Insel - zu einer Zeit, wo auf der Forschungsstation (vordergründig) noch mehr los war. - Auch sie ist mit schier verwegener Neugier unterwegs und schlägt allfällige Warnungen aus dem Wind… und erlebt ‘ihr blaues Wunder’….
Dieser Teil schliesst mit einer Nachricht von Tobey, die er vor seiner Überfahrt zur Insel und Suche an Megan geschrieben hat, wo er noch manches von sich preis gibt.
Dadurch, dass Teil 1 und 3 in ihrere Chronologie quasi vertauscht sind, gleicht man automatisch ab zwischen dem, was Tobey ‘serviert’ wird und dem was bei Megan dann (tatsächlich?) ist… Öfters reibt man verwundert die Augen… und merkt, in welch heilklen sich Tobey eigentlich befunden hatte - und in welcher ebenfalls Megan drin ist - diese Gegenüberstellung gibt enorm Gewicht!
Der Schluss bildet dann ein Epilog - jedoch ein ziemlich offener Schluss - Tanvir, der eine ‘Insel-Konstante’ ist, bleibt das Chamäleon, als das man ihn erlebt hat - anscheinend… Man schlussfolgert - denn vieles blieb ungeschrieben. Eine Bemerkung von ‘Stanley Bogdanovich’ lässt einen zumindest einen Teil Schluss erkennen - …ich selber jedoch bleibe auf der Suche nach Tobey… War der Schluss des ersten Teiles nun Traum oder Wirklichkeit…????
Insgesamt ein faszinierendes Puzzle!