Jens und Lotte Wiig sind in einem Spa, um den Geburtstag von Lotte zu feiern, als ihre 2 Jahre alte Tochter Poppy entführt wird. Sie haben die Kleine in der Obhut ihres Grossvaters gelassen, nicht ohne ein Foto vom Aufenthaltsort von ihrer kleinen Tochter zu posten. Denn Poppy ist berühmt, seit Lotte, eine Influencerin, regelmässig Details aus dem gemeinsamen Familienleben auf ihrem Blog teilt. Kommissarin Emer Murphy, die eigentlich krankgeschrieben ist, umgeht diese Krankschreibung, denn sie will Poppy finden.
Privatsphäre gibt es für die 2 Jahre alte Poppy nicht, denn ihre Eltern vermarkten die Kleine seit sie auf der Welt ist. Likes und wie viele Influencer dem Blog folgen, ist wichtig und zählt. Während Mutter Lotte die Blogeinträge schreibt, gibt es keinen Geburtstag, kein Familienessen oder gemütlichen Abend, ohne dass Vater Jens davon Fotos schiesst und postwendend ins Internet stellt.
Ich hatte grosses Mitleid mit Poppy.
Leider gibt es auch in der realen Welt Mamablogs, die wie Pilze aus dem Boden schiessen und Details aus dem Familienleben an die Oeffentlichkeit zerren. So gesehen, hat die Autorin sicher den Finger auf ein hochaktuelles Thema gelegt. Untermauert wird die Geschichte mit Blogeinträgen, die kommentieren, was bei den Wiggs geschieht.
Dieses Buch ist der Debütroman von Kristine Getz und besticht nicht nur mit einem hochaktuellen Thema, sondern auch mit einem gut zu lesenden Schreibstil. Die Figurenanzahl ist beachtlich und die Handlung dadurch komplex. Für meinen Geschmack hätte man einige Figuren, wie zum Beispiel die Grossmutter von Emer Murphy, aus der Handlung streichen können. Diese hat einen kurzen Auftritt mit nicht relevanten Details, die nicht so ganz in die Handlung zu passen schienen. Die Ermittlerin Emer Murphy schleppt etliche Altlasten mit und diese passen auch genau zur Thematik in ihrem neusten Fall. Ich empfand die private Seite von Murphy als fesselnd und spannend. Im beruflichen Bereich, bewegt sie sich oft in einer Grauzone des Erlaubten und starke Psychopharmaka lassen sie oft nicht rational agieren.
Die ganze Geschichte rund um die Entführung ist sehr konstruiert, jedoch gerade noch so, dass ich es als “könnte möglich sein” habe durchwinken können. In der Familie Wigg und ihrem Umfeld scheint jeder und jede irgendwelche Flecken in seiner Biografie zu haben. Aus diesem Grund kann man sich lange nicht sicher sein, was denn genau mit der kleinen Poppy geschehen ist. Haben ihre Eltern die Entführung arrangiert, um die Klicks auf ein Höchstniveau zu treiben? Oder hat der Grossvater nicht aufgepasst, der kleinen Poppy Schaden zugefügt und sie verschwinden lassen? Hat ihre Tante Alex, die in der Vergangenheit einige schmutzige Deals arrangiert hat, für das Verschwinden verantwortlich? Da ist auch noch Onkel Jesper, der klammheimlich Sympathien für Lotte und Poppy hegt und auf seinen Bruder eifersüchtig ist.
Ich empfand die Auflösung als etwas weit hergeholt und die Identität des Täters ab einem gewissen Punkt doch als vorhersehbar. Das hat gegen Schluss eine Menge Spannung herausgenommen.