Die fünfzehnjährige Hochbegabte Mette hat einen Suizidversuch hinter sich. In ihrem Leben zwischen den forciert progressiven Helikoptereltern, der elitären Privatschule und den stumpfsinnigen Gleichaltrigen gibt es nichts, was für sie wirklich von Bedeutung ist - bis auf die Freundschaft mit Yagmur, der “Quotentürkin” an ihrer Schule. Dass die Vertrautheit zwischen den beiden Mädchen abzukühlen droht, ist für die innerlich zutiefst einsame und verunsicherte Mette ein schwerer Schlag.
Parallel zu Mettes Geschichte lernen wir den etwas älteren Jo kennen. Wie Mette ist auch er ein versierter Social-Media-Nutzer; er hat es dabei sogar zu einer beträchtlichen Reichweite gebracht, wenn auch durch eher düstere Inhalte. So wird er auf ein Video von Mettes Suizidversuch aufmerksam. Wie es der Zufall will, ist seine jüngere Schwester eine Mitschülerin der Protagonistin. Die beiden treffen aufeinander, zwei Unverstandene und Verletzte, die mit der Heuchlerei ihres Umfelds nichts anfangen können. Und die mit Social Media eine mächtige Waffe zur Hand haben, um Veränderung zu bewirken. Es ist das Jahr 2020, die Pandemie erreicht Europa - und die Ereignisse überschlagen sich.
Das Buch konnte mich nicht wirklich überzeugen. Es gibt einige gute Ansätze, die aber so stark auf die Spitze getrieben werden, dass es für mich wieder unglaubwürdig oder störend wirkt.
Da ist zum Einen die Sprache. Geradezu mimetisch verleiht die Autorin jeder Figur eine charakteristische Stimme. Dies verleiht der Erzählung Dynamik und Leben, doch leider scheint die Autorin zu glauben, dass Jugendliche mit jedem zweiten Wort fluchen, sodass die insgesamt sehr grobe Sprache meine Freude am Lesen ziemlich getrübt hat. Darüber hinaus empfand ich Mettes Ausdrucksweise zuweilen als unrealistisch. Die scharfzüngigen, pointierten Bemerkungen passen vielleicht bis zu einem gewissen Grad zu einer (immerhin hochbegabten) Jugendlichen. Aber allzu oft hörte ich die Ü30-jährige heraus, die der Protagonistin ihre eigenen Kommentare zum Zeitgeist in den Mund legt (auch wenn ich diese nicht selten treffend fand).
Dies führt zum nächsten Punkt: die Nähe zum aktuellen Geschehen. Mettes Welt hält der modernen Wohlstandsgesellschaft den Spiegel vor: Die Erwachsenen scheinen geradezu besessen von Nachhaltigkeit und politischer Korrektheit, wobei es jedoch hauptsächlich um die Erhaltung einer progressiven Fassade geht. Dahinter liegen Zerbrochenheit und Ohnmacht angesichts der grossen Fragen der Jugend, über die auch Bio-Kohlrabisticks und perfekte Instamom-Feeds nicht hinwegtäuschen können.
Mit der Pandemie kommt Spannung in die Story, doch leider ist das auch der Moment, in dem die Zeitgeist-Kritik ins Klischeehafte verfällt. Nun werden alle Corona-Klischees heruntergespult: Verbindungsprobleme im Zoom-Meeting, die Diskussion über Systemrelevanz, Streit wegen Masken im Unterricht. Die Figuren und ihre Überzeugungen verkommen zu Stereotypen.
Darüber hinaus gibt es einige Szenen, denen ich auch im Nachhinein nicht viel Sinn abgewinnen kann, weil sie in keiner offensichtlichen Verbindung zum Geschichtenverlauf stehen. Die Grundidee des Buches gefällt mir, auch die Sensibilität, mit der Mette als Hauptfigur gezeichnet wurde. An vielen Stellen ist es jedoch zu explizit/anstössig oder weist erzähltechnische Mängel auf.