Ravna ist Polizeipraktikant. (Die weibliche Form gibt es im Norwegischen nicht). Ihre Kollegen auf der Polizeistation in Vadso sind Norweger. Sie kommen scheinbar gut miteinander aus, aber unter der Oberfläche schwelen Vorurteile. Ravna und Mikkel und Filip und Hanno finden einen Toten an einem samischen Ritualort. Das wird nicht ganz einfach, denn der Tote ist der reichste Rendrifter (Rentierzüchter) in der Gemeinde. Er wollte das Land seiner Vorfahren (das bis zu einem verräterischen Deal zur Zeit der Hexenverfolgungen allen Samen gehörte) an eine Öl- und Gasfirma verkaufen. Die Samen wehren sich dagegen. Dem Toten werden ein Rentier geopfert, Birkenrinde in den Schuh gegeben und einen Strich um den Todesort gezogen, damit seine Seele nicht anfängt zu wandern. Alles samische Rituale. Also ist es einer von ihnen, und das beunruhigt Ravna sehr, denn eigentlich sollte diese kleine Gemeinschaft ja zusammen halten.
Um die Ermittlungen zu leiten, kommt Lensmann Rune Thor von Kirkenes. Der hagere, düstere, in schwarz gekleideter Inspektor geistert durch den kleinen Ort. Ravna schaudert und denkt an einen “Gand”, einst ein mächtiger samischer Schutzgeist, im Laufe der Christianisierung dämonisiert. Der “Gand” hat auch einiges auf der Seele lasten, seine Frau und seine Tochter sind auf Utoya umgekommen. Er fasst ein seltsames Zutrauen zu Lena, der Grossmutter von Ravna, die eine Schamanin ist, und noch eine Trommel hat, mit der sie praktiziert. Lena erzählt Thor von den drei Unterwelten im samischen Glauben, und dass es seiner Familie gut geht. Einer Art norwegischem Tango gleich nähern sich Ravna und Thor an, halten gleichzeitig Abstand, und lassen gegenseitigen Respekt durchschimmern. Man kann sich den Gand gut vorstellen, wie er im schwarzen Ledermantel am Tatort steht, Kopf in das Kinn gestützt und seine Anweisungen gibt.
Ein gut gemachter Krimi, All Age, mit arktischem Flair. Für alle, die gerne nordische Thriller lesen. Düster, aber nicht schwarz. Schöne, unheimliche Landschaften.