Ins Seniorenheim ziehen? Undenkbar für die fast 81 Jahre alte Kathleen Harrison! Auch wenn ihre Tochter Liza das gerne möchte und dadurch beruhigt wäre. Kathleen erfüllt sich lieber einen langgehegten Wunsch. Einmal im Leben die legendäre Route 66 fahren. Dafür engagiert sie die arbeits- und perspektivlose 24-jährige Martha als Fahrerin.
Auf ins Abenteuer! Währenddessen flüchtet Liza vor ihrer fordernden Familie ins Cottage ihrer Mutter nach Cornwall und denkt über ihr Leben nach, in dem einiges schiefläuft.
Den Roadtrip, den Kathleen und Martha unternehmen, führt sie über die bekannte Route 66 in die USA. Wer sich nun orthografische Details erhofft, wird enttäuscht sein. Der Fokus der Reise liegt mehr auf Gesprächen zwischen den beiden Frauen, die rund 60 Jahre Altersunterschied trennen. Sie könnten auf jeder x - beliebigen Straße unterwegs sein.
Es werden die verschiedensten Themen auf dieser Reise angeschnitten. Marthas Perspektivlosigkeit zum Beispiel oder Kathleens Vergangenheit, in der Tochter Liza allzu oft die zweite Geige spielte. Sehr oft hatte ich den Eindruck, es werden Probleme gewälzt, um genug Stoff für die Geschichte zu haben. Hier wäre weniger manchmal mehr gewesen.
Doch auch Liza hat Probleme und mit ihr habe ich sehr mitgefühlt. Was ihre Teenagertöchter, sowie Mann Sean bieten, ist an Respektlosigkeit nicht zu überbieten. Doch auch hier sind die Probleme hausgemacht, denn Liza hat sich im Laufe des Familienlebens zum unbezahlten Hausmädchen degradieren lassen. Lizas Reaktion hat mich gefesselt und war genauso, wie ich wohl in ihrer Situation reagieren würde.
Die Kapitel wechseln zwischen „Liza“ , „Martha“ und „Kathleen“ und die Figuren sind so verschieden, dass sich Abwechslung breit machte. Man bekommt so auch einen sehr guten Einblick in die Denkweise der drei Protagonistinnen, was mir gut gefallen hat. Kathleen, die zuerst unnahbar gegenüber ihrer Tochter scheint, öffnet sich immer mehr und macht eine große Entwicklung durch. Ob die Reise und die Gespräche mit Martha diese Entwicklung ausgemacht haben, bleibt auch nach Beendigung des Buches ein Rätsel. Oder sind es die Erinnerungen an ihre Jugendzeit mit ihrer besten Freundin Ruth, die sie weicher machen? Es darf noch nach Beendigung des Buches darüber gerätselt werden. Kathleen ist zudem ein kleiner Freigeist und ich fand sie sehr sympathisch. Ich denke, mit einer Person wie Kathleen würde ich auch sofort eine Reise machen.
Immer wieder musste ich schmunzeln, denn witzige Dialoge findet man immer wieder im Text. Wie zum Beispiel Seite 20 als Sean auf den Vorschlag seiner Frau, Kathleen ins Heim zu „geben“, entgegnet: „Sie ist ein Mensch und kein Gartenzwerg.“ Auch Wortspielereien wie das Wort „billig“, das für eine 80 - Jährige nicht dasselbe bedeutet, wie für eine 25 - Jährige haben mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.
Immer wieder wurde ich auch nachdenklich. Vor allem das Thema „Lebensqualität und Selbstbestimmung im Alter“ geht sehr tief. Wie oben angesprochen hat jede der drei Protagonistinnen Probleme und Schwierigkeiten, die sich am Ende des Buches regeln. Manchmal etwas zu einfach regeln. Denn, wenn pubertierende Teenager plötzlich zu Musterkindern, die gerne kochen und im Haushalt helfen, mutieren, ist das halt einfach weniger glaubwürdig.