Die Patientin, die Dr. Ellen Roth, Fachärztin für Psychiatrie, von ihrem Freund Dr. Christoph Lorch, übernimmt, ist zutiefst verstört. Die junge Frau ist sichtlich schwer misshandelt worden und wurde in die Waldklinik, Fachkrankenhaus für Psychiatrie eingeliefert. Sie behauptet, vom schwarzen Mann verfolgt zu werden. Ein Notfall ruft die Ärztin von der jungen Patientin weg, als sie sich ihr widmen will. Kurz danach ist die junge Frau spurlos verschwunden. Ellen stellt Nachforschungen an und sieht sich plötzlich in einem Alptraum gefangen.
Der Einstieg in die Geschichte rund um Dr. Ellen Roth beginnt mit einer Passage, die hervorragend die Arbeit von Ärzten in einer Psychiatrie zeigt. Ich habe diese ersten Kapitel förmlich inhaliert, so fesselnd war die Arbeit in der Waldklinik beschrieben. Von Patienten, die unter Schizophrenie, Halluzinationen bis zu Selbstverletzungen leiden und neigen…. Man merkt sehr gut, dass der Autor über 20 Jahre in einer psychiatrischen Klinik tätig war.
Die Atmosphäre auf Station 9 der Klinik ist sehr gelungen beschrieben. Anschaulich, beklemmend und oft Gänsehaut auslösend werden einzelne Patienten und ihre Krankheitsbilder gezeichnet. Gänsehaut bescherte mir auch die Szene, in der die junge und namenlose Patientin, die wohl Missbrauch vom schlimmsten erlebt hat, ihren Auftritt hat.
Die erste Konsultation von Dr. Ellen Roth ist sehr sensibel beschrieben und trifft die Stimmung bei so einem ersten Gespräch sehr gut. Schonungslos und direkt lässt Wulf Dorn tief in eine Beziehung blicken, in der Misshandlungen an der Tagesordnung sind. In all den Beschreibungen lockert ab und zu ein unterschwelliger Humor etwas auf. Sei es, als eine Notsituation zwischen Patient und Arzt ernsthafte Kommunikation verlangt oder Reaktionen von Patienten so krankheitsgeprägt sind, dass sie schon fast wieder ins Humorvolle fallen.
Dieser Thriller enthält jedoch auch jede Menge brisante Situationen, die sich Seite für Seite gesteigert haben. Dr. Ellen Roth muss sich durch viele solcher Situationen durchkämpfen und ich litt automatisch mit.
Dies auch, da der Autor so schreibt, dass man denkt, direkt neben dem grauenvollen Geschehen zu stehen.
Damit ist dieser Thriller nichts für sensible Leser. Hartgesottene Thrillerleser werden hingegen voll auf ihre Kosten kommen. Ebenso wie Leser, die gerne mit rätseln, denn von Beginn bis fast ganz zum Schluss habe ich mich gefragt, wer denn der schwarze Mann ist.
Dr. Ellen Roth ist engagiert und hat Biss. Was sicher eine nötige Charaktereigenschaft ist in diesem Beruf. Doch Dr. Ellen Roth hat ab und zu auch Luzidträume, bei denen ich mir lange nicht sicher war, ob sie Einbildung sind oder der Autor in Richtung Fantasy schweift. Doch diese Unsicherheit hat sich nach und nach erklärt und passt sehr gut in die Charakterisierung der Ärztin. Gegen Schluss löst sich das Ganze überraschend und schlüssig auf und greift in die Tiefen der Psychologie und nimmt Bezug zum Buchtitel.