Jeden Tag trifft man Entscheidungen, die das Leben lenken. Was ess ich heute, wen lasse ich in mein Leben, welche Beziehungen beginne oder beende ich, welchen Beruf ergreife ich, welchen Weg zur Arbeit oder zur Schule nehme ich heute, wo kaufe ich heute ein,…….. Es sind große und kleine Entscheidungen und ich habe mich durchaus immer wieder die Frage des „was wäre wenn“ gestellt. Denn jede Entscheidung, die ich anders getroffen hätte, hätte mein Leben auch in eine andere Richtung lenken können.
Matt Haig formuliert es so: „Jedes Leben umfasst Millionen von Entscheidungen. Manche groß, manche klein. Doch jedes Mal, wenn man einer Entscheidung den Vorzug vor einer anderen gibt, verschiebt sich das Resultat. Es tritt eine irreversible Veränderung ein, die wiederum zu weiteren Veränderungen führt.“ Was wäre also, wenn man die Entscheidungen in seinem Leben anders treffen könnte, welches Leben würde man dann führen?
Nora, Haigs Hauptfigur in „Die Mitternachtsbibliothek“, entschließt sich, zu sterben nach zu vielen Tiefschlägen in ihrem Leben. Sie ist sich sicher „Niemand brauchte sie. Das Universum hatte keine Verwendung für sie.“ Doch sie landet in einer Zwischenwelt, einer riesigen Bibliothek in der Bücher von den Leben, die Nora hätte führen können, unendlich viele Regale füllen. Nora bekommt die Chance, in andere Leben zu springen, die sie hätte führen können. Sie probiert immer neue Versionen ihrer selbst aus und merkt doch, dass es in jeder dieser Lebensversionen unangenehme Seiten gibt, Dinge, die einfach nicht schön sind.
Mit seinem unglaublichen Gespür für Sprache bietet uns Haig von Anfang an eine Brücke zu Nora, lässt den Leser mit ihr leiden. Und wir können mitfiebern, wenn Nora von einem Leben in das nächste „slided“, hoffen, dass sie ihre Träume verwirklicht und das Glück findet. Nora trifft in den unterschiedlichen Geschichten ihres Lebens ganz verschiedene Versionen ihrer selbst, erfolgreiche, berühmte, einsame, zurückgezogene……. Mit jedem Lebensbuch verändert sich etwas: Wir werden Zeuge einer unglaublichen Entwicklung, die Nora bei diesen Lebenserlebnissen nimmt. Am Ende steht sie an dem Punkt des Lebens an dem sie sich entschlossen hat, zu sterben und ist doch eine ganz andere geworden. Sie hat zu sich selbst gefunden. Ein Gefühl ist bei diesen Reisen immer präsent: das Gefühl des Bedauerns und man beginnt, über die eigenen Entscheidungen und das Bedauern im eigenen Leben nachzudenken.
Mit „Die Mitternachtsbibliothek“ hat mir Matt Haig eines der magischen Bücher geschenkt, das mir nicht nur ein Wochenende einer wundervollen „Reise im Kopf“ geschenkt hat. Er hat mich zum Nachdenken über mein Leben gebracht, über das was mir wichtig ist, was oder wohin ich möchte und was ich bedauere. Es ist ein Buch, dass ein festen Platz in meinem Bücherregal bekommt und zeigt: Nimm das Leben in Deine Hände, sei ehrlich zu Dir, versuche bei Dir anzukommen, achte auch das, was Dir wichtig ist oder wie Haig es formuliert „Gehe zuversichtlich in Richtung Deiner Träume (…) Lebe das Leben, das du dir vorgestellt hast“ und unterschätze nie die Bedeutung nebensächlicher Dinge. Sehr beeindruckt hat mich der Satz: „Wenn du danach strebst, jemand zu werden, der du gar nicht bist, wirst du immer scheitern. Strebe danach, du selbst zu sein. Strebe danach, wie du selbst auszusehen, zu handeln und zu denken. Strebe danach, die wahrhaftigste Version deiner selbst zu sein. Sei ganz DU“.