(ich habe die deutsche Übersetzung gelesen, die hier auf BC leider nicht zu finden ist) Eine absolut lohnenswerte Lektüre, die viele tolle Lesestunden schenkt, Einblicke in das Leben in Südrhodesien und in die gesellschaftlichen Kreise, in denen die Autorin lebte. Das Leben ihrer ersten dreissig Lebensjahre geben einen Einblick in die ausgesprochen interessante Persönlichkeit von Doris Lessing. Der Aufbau des Buches hat mich beeindruckt, so stellt sie sich jeweils im jeweiligen Alter absolut nachvollziehbar dar. Das kleine Kind mit den enorm lebendigen Sinneseindrücken, der Wahrnehmung von Gerüchen, Körperempfindungen, den starken Gefühlen von Ablehnung und dem eigenen Willen. Das “Ich will nicht” ist charakteristisch und zieht sich durch. Doris Lessing hat ihre Kindheit und Jugend zuerst im damaligen Persien, danach bis ins Erwachsenenalter in Südrhodesien verbracht und entsprechende Erfahrungen gemacht. Der Kolonialismus kommt zur Sprache, wie sie die Lebensumstände ihrer Familie und jene der schwarzen Bevölkerung erlebt hat. Sie spricht von ihrer Ausbildung, ihrer Liebe zu den Büchern und zum Schreiben, auch von ihrem Verhältnis zu den Eltern, speziell von der gespannten Beziehung zu ihrer Mutter. Sehr offen schreibt sie auch von ihren Liebes- und/oder sexuellen Beziehungen. Ihren Ehen, die beide von beiden Seiten bewusst keine Liebesbündnisse waren. Aus der ersten Ehe hat sie zwei Kinder, die sie beim Vater zurücklässt. Aus der zweiten Ehe einen weiteren Sohn, für den sie nach der Scheidung bald alleine zu sorgen hat. Ihre Rückblicke zum zweiten Weltkrieg und der Nachkriegszeit, welche sie schliesslich in England erlebt hatte, sind eindrücklich. Ihre Aussagen dazu, wie gewisse Dinge selbstverständlich sind - der Zeitgeist beispielsweise, vor dem wohl niemand gänzlich gefeit ist, als auch, dass wir das Handeln beispielsweise unserer Grosseltern teilweise als abstrus betrachten und dass unsere Enkel auch so von uns denken werden, hat mir gefallen. Beim Blick zurück auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts muss ich auch mit einigem eigenem voreingenommenen Denken aufräumen. Ein starkes Buch, das den Charakter dieser Frau gut zeichnet - ein schonungsloses Selbstportrait, das sowohl die grossen Stärken als auch die Schwächen widergibt. Da sass mein Vater, ein betrogener Mann. Alles, wovon er seit Jahren gewarnt hatte, trat nun ein. Er brauchte niemanden darauf hinzuweisen, dass er alles vorausgesagt hatte. Die Geschichte selbst sagte es an seiner Stelle. Er hatte gesagt: Passt auf, die Deutschen werden sich für Versailles rächen und niemand hat auf ihn und die anderen alten Soldaten gehört, niemand hörte in England jetzt auf Churchill, der wusste, was geboten war. Kommunistin bin ich wegen der Stimmung geworden, die damals in der Luft lag, wegen des Zeitgeists. In Turgenjews Väter und Söhne gibt es eine Szene, in der der Held Basarow …. Einen Kommilitonen zu einem Ausflug zur Vergangenheit mitnimmt, und zwar in Gestalt zweier verhutzelter alter Menschen, die die weltbewegenden Umwälzungen der Französischen Revolution und ihrer aufklärerischen Ideen überlebt haben. Da sitzen diese beiden dann, zwitschern vor sich hin wie kleine Vögelchen und versetzen die neue Jugend in Erstaunen. Ohne Zweifel werden über kurz oder lang auch ich und andere vergleichbare Überbleibsel des Kommunismus Besuch von jungen Leuten erhalten, die so alt sind wie meine Enkel und Urenkel, und wenn ich ihnen dann beim Abschied nachsehe, werde ich feststellen, wie sie sich mit einem Ausdruck toleranten Unglaubens anlächeln. “Unglaublich, was die für absurde Vorstellungen hatten…”. Ich blickte nach vorn, ohne je einen Blick zurückzuwerfen. Ich wartete darauf, dass meine Zukunft, mein wahres Leben anfinge. Hinter mir war eine Tür zugeschlagen. Schon mein Leben lang, waren immer wieder Türen hinter mir zugeschlagen. Der schlimmste Moment, der sich in meiner Erinnerung mit dem Türenzuschlagen verknüpfte, war der, als ich noch vor meinem siebenten Lebensjahr ins Internat geschickt wurde. Ich kannte mich mit dem Mechanismus dieses Zuschlagens aus und konstatierte nicht den äusserlichen lauten Knall, sondern das, was in mir vorging. Wenn es ein Mensch ist, der zurückgelassen wird, geht die Tür von allein zu. Ach, denke ich, die Tür ist zugegangen, oder? Von da an erwarte ich nichts mehr, verhalte mich weiterhin mehr oder weniger so, als wäre nichts geschehen. Doch wie alt ist diese Frau, die da so vertrauensvoll, so optimistisch auf einen anderen Menschen zugeht, weil sie denkt, da ist ein Freund, ein echter Freund fürs Leben? Viel zu jung, um begriffen zu haben, wie töricht es ist, zuviel zu erwarten.