Der fromme Tanz - Roman einer Jugend
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Autor:
Klaus Mann
Beschreibung:
Ich sehe ein Hotelzimmer in irgendeiner fremden südländischen kleinen Stadt und in diesem Hotelzimmer sitzt ein junger Mensch und schreibt einen Brief - ich weiss aber noch nicht an wen. Er hat seinen Schreibtisch nahe ans Fenster gerückt, es ist gegen Abend. Das letzte Licht des Tages benutzt der Schreibende, das letzte gläserne Licht.
Vor dem Fenster liegt noch ein kleiner Balkon und dann kommen Bäume. Aber hinter und zwischen den Wipfeln, die schon ganz schwarz gegen das durchsichtige Silber des Himmels stehen, schimmert das Meer und ist weiss. Man kann es beinahe nicht sehn, aber man fühlt seine Nähe, sein Atmen, sein rührend gewaltiges Eingeschlafensein.
Vor dem strengen Silber des beinahe abendlichen Himmels zeichnet fast schwarz sich das Gesicht des schreibenden jungen Menschen ab, wie eine geschnittene Silhouette. Die Nase springt etwas stark vor, das Haar fällt ihm dunkel und weich in die Stirn. Sein Blick ist über den Briefbogen, der weiss vor ihm ausgebreitet liegt, hinaus und in einer wie abwesenden tiefverschleierten Sanftheit, auf ein paar Photographien gerichtet, die im schlichten Rahmen sonderbar gleichmässig aufgestellt sind im Hintergrunde des Schreibtischs.
Es lässt sich nicht genau unterscheiden, was diese Photographien darstellen, dazu ist es zu dunkel.
Aber der junge Mensch wendet sich um auf seinem Hotelstuhl und sieht hinter sich ins Zimmer hinein. Gleich neben dem Bett, auf dem Nachttisch, steht nämlich noch eine vierte Photographie, aber auch diese lässt sich in der Dämmerung fast nicht erkennen. Ist es ein Kind oder ist es ein Knabe oder ist es einjunger Mann? Rührend ernst und gesammelt schaut sie in den verschwimmenden Raum, wie Kinder schauen, denen man Grosses erzählt. Aber um die Photographie, soviel kann man noch sehen, ist eine schwarze Rosenkranzkette gelegt. Sonst ist es jetzt schon so dunkel im Zimmer, dass sich nicht einmal mehr sagen lässt, ob der am Schreibtisch, zu dem Bild mit dem Rosenkranz selbst hinübersieht, oder nur zum grossen Bett, das weisslich, schweigsam und hoch getürmt, stattlich und voll Geheimnis auf etwas zu warten scheint. - Man kann seinem Blick nicht mehr folgen, er verliert sich im Zimmer.
Aber bald wendet er sich dem Briefbogen wieder zu und beginnt wieder zu schreiben. Vor längerer Zeit hat er augenscheinlich diesen Brief schon begonnen, mit anderer Tinte, vielleicht auch in einer anderen Stadt. Aber jetzt fährt er fort. Eifrig, eilig und doch ein wenig schwerfällig geht seine Hand übers Papier ...
Kategorie:
Romane & Erzählungen
Verlag:
Books on Demand
Sprache:
Deutsch
Anzahl Seiten:
245
Erscheinungstag:
2020-01-08
EAN:
9783749485628
ISBN:
978-3-7494-8562-8
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