Spätestens seit der Sapir-Whorf-Theorie wissen wir, dass Sprache und Weltbild eng zusammenhängen. Wer einmal davon gehört und sich ausserdem mit den literarhistorischen Analysen des Schweizer Mystikexperten Alois Maria Haas beschäftigt hat, hegt hohe Erwartungen an ein Buch, das verspricht, sich mit Unverständlichkeit und ungewöhnlichen Metaphern zu befassen. Wer sich an ein solches Thema heranwagt, muss sich auf die Schultern von Riesen wie Gadamer, Nietzsche oder auch Heidegger setzen. Tut er/sie das nicht, stellt sich das ein, was Umberto Eco in seinem Ratgeber für wissenschaftliches Schreiben bereits einwandfrei festgestellt hat: Das Buch wird kurz und oberflächlich, um nicht zu sagen nichtssagend.
Lisa Smartts Buch hat genau dieses Schicksal ereilt. Zwar ist es kein wissenschaftliches Buch sui generis, jedoch entstand es im Rahmen eines Forschungsprojekts, das sich The Final Words Project Nennt und das sich den Erfahrungswelten von Sterbenden widmet.
Der Ausgangspunkt des Buches ist schon mal unglaubwürdig: Am Sterbebett ihres Vaters soll die Autorin zu Stift und Schreibblock gegriffen haben, um sich die merkwürdigen Sätze zu notieren, die ihr atheistischer Vater von sich gab. Es sei darin um Engel gegangen, die das Zimmer ausfüllten und um eine grüne Landschaft, die vor ihm gelegen habe. Weiter schildert die Autorin den Fall einer an Lungenkrebs erkrankten Frau, die kurz vor ihrem Tod um eine Zigarette bat, stattdessen aber von der Stationsschwester eine erhöhte Dosis Morphium erhielt. Hinzu kommen Geschichten von Sterbenden, die etwa Schmetterlinge aus den Mündern ihrer geliebten Menschen fliegen sehen. So folgen die aufgeführten Fallgeschichten keiner nachvollziehbaren Logik und deren Zusammenstellung erscheint eher zufällig. Schade auch, dass die Linguistin Lisa Smartt ihr Fach völlig aussen vor lässt und dafür auf meines Erachtens völlig willkürliche religiöse Deutungen ausweicht.
Das behandelte Thema ist dennoch interessant. Es geht um die Grenze menschlichen Verstehens und darum, wie sich diese Grenzerfahrung in der Sprache ausgestaltet.
Empfehlen möchte ich hingegen “Veil” derselben Autorin. Es handelt sich dabei um Liebesgedichte, die ihr vom Vater nach seinem Tod diktiert wurden. Leider habe ich diesen Gedichtband im Book Circle nicht gefunden.